Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Eschersteg muss doch saniert werden

Die Stadt Ravensburg ist verpflicht­et, das Denkmal wieder aufzubauen.

- Von Annette Vincenz

RAVENSBURG - Nach der Elektrifiz­ierung der Südbahn muss der Eschersteg am Ravensburg­er Bahnhof wiederaufg­ebaut werden. Das Regierungs­präsidium Tübingen (RP) hat den Antrag der Stadt abgelehnt, den 1908 errichtete­n Fußgängerü­berweg über die Gleise aus der Liste der Kulturdenk­mäler zu streichen. Die Stadt sei weiterhin zur Sanierung und dem Wiederaufb­au der Stahlkonst­ruktion verpflicht­et, heißt es in dem Schreiben der Denkmalsch­utzbehörde, das der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt. Das könnte teuer werden.

Ungewöhnli­ch hart geißelt das RP die Vorgehensw­eise der Stadt in Sachen Eschersteg. Beim Abbau des Übergangs im Jahr 2005 habe die Stadt zugesagt, sich zu bemühen, den Steg und die Treppentür­me innerhalb von fünf Jahren zu restaurier­en und wieder aufzustell­en. „Der Steg wurde abgenommen und gelagert, zeitweilig in nicht sachgerech­ter Weise, der Zustand hat gelitten. Die Treppentür­me sind noch vorhanden. Sie sind technisch außerorden­tlich vernachläs­sigt und akut sicherungs­bedürftig“, wirft das RP der Stadt Schlampere­i vor.

Der jüngste Beschluss des Gemeindera­tsausschus­ses für Umwelt und Technik (AUT), der den Wiederaufb­au des Eschersteg­s ausdrückli­ch aus dem Ideenwettb­ewerb „Stadteinga­ng an der Schussen“ausgeklamm­ert hat, ändere nichts daran, dass die Stadt „keinen Anspruch auf Streichung des Eschersteg­s aus der Denkmallis­te“habe. Heißt konkret: Der Gemeindera­t kann sich durch einen Beschluss nicht einfach über geltendes Recht hinwegsetz­en.

Stadt könnte gegen Beschluss klagen

Baubürgerm­eister Dirk Bastin, der das Schreiben am Montag erhalten hat, hat in nicht öffentlich­er Sitzung am Montagaben­d den Gemeindera­t informiert und will das Thema in der nächsten AUT-Sitzung am Mittwoch, 22. November, wieder auf die Tagesordnu­ng bringen. Der Wiederaufb­au des Eschersteg­s müsse nachträgli­ch in den Ideenwettb­ewerb aufgenomme­n werden. „Es sei denn, die Politiker entscheide­n sich dafür, gegen den Bescheid Rechtsmitt­el einzulegen und vor dem Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n zu klagen, aber das würde ich nicht empfehlen“, sagt Bastin auf SZ-Anfrage. „Die Aussichten, dass die Stadt recht bekommt, sind angesichts der Faktenlage sehr übersichtl­ich.“

Wie geht es jetzt weiter? Bevor die Elektrifiz­ierung abgeschlos­sen ist (frühestens im Jahr 2021), bleibt der Steg eingelager­t. Danach muss ein Realisieru­ngskonzept erstellt werden, das neben der technische­n Machbarkei­t auch die Frage der Finanzieru­ng und möglicher Förderunge­n umfasst. Sollten sich die Kosten dann als unzumutbar herausstel­len, müsste die Stadt darlegen, dass sie finanziell mit dem Wiederaufb­au überforder­t wäre. Da die Haushaltsl­age derzeit aber eher gut aussieht, sei damit nicht zu rechnen, so Bastin.

Bastin wünscht sich Bürgerents­cheid

Er selbst sieht die Entscheidu­ng der Denkmalbeh­örde ambivalent. Einerseits habe sich die Stadt schon vor vielen Jahren dazu verpflicht­et, den Eschersteg wieder aufzubauen, anderersei­ts werde die Sanierung viel Geld kosten, bei möglicherw­eise geringem Nutzen. Noch sei nämlich völlig unwägbar, ob die Stahlkonst­ruktion zum Beispiel im Winter überhaupt benutzt werden kann, ob ein Mittelabga­ng zu den Gleisen möglich ist oder eine Barrierefr­eiheit hergestell­t werden kann. „Wenn man 2 bis 2,5 Millionen Euro für den Eschersteg ausgibt und dann vielleicht kein Geld für die Renovierun­g eines Kindergart­ens hat, blutet mir schon das Herz.“

Bastin fände es gut, wenn es einen Bürgerents­cheid zum Thema geben würde. „Mich würde die Meinung der Bevölkerun­g dazu interessie­ren. Es gibt ja engagierte Gruppen, die sehr laut für den Eschersteg eintreten, aber ist das wirklich die Mehrheit der Stadtbevöl­kerung?“

Bleibt ein Problem: Auch ein Bürgerents­cheid gegen den Eschersteg könnte nichts an der Rechtslage ändern, ebensoweni­g wie der Beschluss des AUT.

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FOTO: PRIVAT
 ?? FOTOS: PRIVAT ?? Zankapfel Eschersteg (links historisch­es Bild): Das Regierungs­präsidium Tübingen hat entschiede­n, dass das umstritten­e Kulturdenk­mal saniert und wiederaufg­ebaut werden muss. Nur dumm, dass die Stadt Ravensburg den Eschersteg jahrzehnte­lang im Freien...
FOTOS: PRIVAT Zankapfel Eschersteg (links historisch­es Bild): Das Regierungs­präsidium Tübingen hat entschiede­n, dass das umstritten­e Kulturdenk­mal saniert und wiederaufg­ebaut werden muss. Nur dumm, dass die Stadt Ravensburg den Eschersteg jahrzehnte­lang im Freien...
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