Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Bahnausbau Lindau-München nimmt Fahrt auf
Im Frühjahr beginnen Arbeiten für die Elektrifizierung der Zugstrecke durchs Allgäu
MEMMINGEN - Nach jahrelangen Diskussionen, Planungen, Genehmigungsverfahren und Vorarbeiten nimmt der Ausbau der Bahnstrecke Lindau-München Fahrt auf. Im Frühjahr beginnt der Ausbau auf dem Abschnitt zwischen Leutkirch und Geltendorf. Die Bahn muss die Strecke dafür ein halbes Jahr lang voll sperren. Details haben Planer am Montagabend in Memmingen berichtet.
850 Millionen Euro lassen sich Bund, Freistaat Bayern, Bahn AG sowie Städte und Gemeinden entlang der Strecke den Ausbau kosten. Rund die Hälfte macht die eigentliche Elektrifizierung mitsamt Lärmschutz aus. Aber die Beteiligten entfernen gleichzeitig Bahnübergänge, erneuern Brücken und bauen Bahnhöfe aus, zudem entsteht in Lindau ein ganz neuer Bahnhof auf dem Festland. Fertig werden soll das alles zum Fahrplanwechsel im Dezember 2020.
Die Zahlen sind beeindruckend: Auf etwa 150 Kilometer Bahnstrecke sind mehr als 280 Kilometern Fahrdraht aufzubauen, weil die Strecke in manchen Bereichen zweigleisig ist. Zudem brauchen in den Bahnhöfen entlang der Strecke alle Gleise Oberleitungen, das gilt auch für Abstellgleise. 3500 Oberleitungsmasten sind zu setzen. Unter 43 Straßenbrücken sind die Gleise abzusenken oder die Brücken anzuheben. 120 Eisenbahnüberführungen sind anzupassen. 17 Stellwerke sind um- oder neu zu bauen.
Insgesamt 25 Kilometer Schallschutzwände sollen Anlieger vor Lärm schützen. Weil das nicht überall möglich ist, haben zusätzlich 2700 Anlieger zwischen Lindau und Geltendorf Anspruch auf Lärmschutzfenster.
Knapp zwei Stunden nach München
Ziel ist es, dass Neigetechnikzüge unter Strom künftig mit Tempo 160 zwischen Lindau und München fahren. Damit braucht ein Zug für diese Strecke nicht mal mehr zwei Stunden. Von Memmingen aus sollen Pendlerzüge in gut einer Stunde in München sein. Die Bahn erwartet, dass sich damit die Zahl der Zugpendler von derzeit 3200 an Wochentagen deutlich erhöht, wenn sie schnell und ohne Stau nach München reinkommen.
Doch zunächst kommt auf die Pendler ein schwieriges Baustellenjahr zu. Vom 23. März bis 10. September ist die Strecke zwischen Leutkirch und Buchloe voll gesperrt. Für den Eurocity bedeutet das ein Umweg über Kempten. Im Nahverkehr bietet die DB Regio Allgäu Schnellbusse an, die zwischen Memmingen und Buchloe nur in Mindelheim halten, sowie Busse, die zwischen Leutkirch und Buchloe an jeder Station halten. Pendlern aus dem württembergischen Allgäu raten die Bahner, die Umwege über Hergatz und Kempten oder über Aulendorf und Ulm zu nehmen. Das werde meist schneller sein als der Bus.