Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Anti-Gänsbühl-Film war Start seiner TV-Karriere
Der aus Oberzell stammende Fernsehredakteur Gerd Motzkus geht bald in Ruhestand
RAVENSBURG - „Dem lieben Gott bin ich dankbar dafür, dass ich mein Hobby zum Beruf machen durfte. Meine Arbeit beim Fernsehen machte mir Freude ohne Ende“, sagt der 65-jährige Gerd Motzkus, Redaktionsleiter „Treffpunkt/Regionale Unterhaltung“beim SWR-Fernsehen. Seiner im März anstehenden Pensionierung sieht der gebürtige Ravensburger nachdenklich entgegen.
Nach 36 Dienstjahren bei Südwestfunk (SWF), Süddeutschem Rundfunk (SDR) und Südwestrundfunk (SWR) fürchtet sich „ Mr. Treffpunkt“, wie der Moderator der SWR– Sonntagssendung über Land, Leute, Geschichte und Brauchtum genannt wird, allerdings nicht vor drohender Langeweile. „Mit meinem Freund und Kameramann Paul Grom möchte ich noch die eine oder andere Filmidee umsetzen, die wir seit 30 Jahren hegen.“Ebenso fest hat sich Gerd Motzkus vorgenommen, sich zusammen mit seiner Frau, seit Jahren als Redaktionsassistentin seine beste Mitarbeiterin und schärfste Kritikerin, auf Reisen zu begeben.
Kurzfilm gegen das Gänsbühl
Gerd Motzkus, aufgewachsen in Oberzell, drehte bereits als 20-Jähriger mit einer Super-8-Kamera einen Kurzfilm über eine Freizeit mit der Katholischen Jugend Oberzell. Zur „Initialzündung“seiner beruflichen Zukunft wurde 1980 „ein wilder Anti-Gänsbühl-Film“, den er zusammen mit Ravensburger Freunden drehte. Als Protest gegen die damaligen Baupläne für das Einkaufszentrum in der Ravensburger Oberstadt gedacht, fand der von Motzkus heute als „gewiss nicht objektiv“eingeschätzte Film auch die Unterstützung des Altstadtforums Ravensburg und erlebte eine viel beachtete Premiere im voll besetzten Kino am Frauentor.
Nachdem sein väterlicher Freund Hermann Probst, vielen Ravensburgern heute noch als Milka-Urgestein ein Begriff, den Kontakt zum Fernsehen hergestellt hatte, absolvierte Motzkus ein Volontariat bei der Landesund Abendschau in Baden-Baden und fand seine berufliche Zukunft schließlich 1986 mit der Sendung „Treffpunkt“. „Das ist meine Welt, da bin ich nah an den Menschen dran“, erkannte er und legte den Schwerpunkt der Sendung auf Alltag, Brauchtum und Feste der Menschen im Land. Als „ Land- und Leute-Typ“habe er sich immer mehr für vielfältige „Volkskultur“als für Politik und Wirtschaft interessiert, sei er doch schon als Kind und Jugendlicher verwurzelt gewesen im oberschwäbischen Brauchtum.
„Zu viel Fasnet“
Nicht nur den großen, traditionellen Festen wie Rutenfest oder Schützenfest widmete sich Motzkus mit seiner Redaktion, sondern vor allem auch der Live-Übertragung der schwäbisch-alemannischen Fasnet. Bereits 1992 übertrug der SWR erstmals einen Narrensprung direkt. Bald schon sorgte der Volkskundler Professor Werner Mezger für eine wissenschaftliche Basis der Sendungen. Besonders stolz ist Motzkus darauf, dass „Sonja Schrecklein als Reporterin und Begleiterin der Narrensprünge meine Entdeckung ist“.
Allerdings blickt der Fasnets-Experte Motzkus kritisch auf die Entwicklung der vergangenen Jahre. „Es ist mir schon fast zu viel Fasnet im Programm“, sagt er. Dass er von der Narrenvereinigung Hegau-Bodensee für seine „herausragenden Verdienste als Fernseh-Pionier für die Vermittlung der Fastnacht an ein Millionenpublikum als erster Schwabe mit der Heinrich-RehmMedaille“ausgezeichnet worden ist, freut ihn dennoch. Auch die seltene Auszeichnung eines „Ehrennarren auf Lebenszeit“, verliehen von der Vereinigung der schwäbisch-alemannischen Narrenzünfte (VSAN), schmückt den Ravensburger.
In seiner bislang knapp bemessenen Freizeit ist Motzkus ein „SerienJunkie“, vor allem von Politserien wie „House of cards“. Außerdem ist er ein Hörbuch-Fan, am liebsten von Geschichten über Personen und Geschehnisse des Mittelalters. Musikalisch ist er „breit aufgestellt“. Er hört Klassik so gern wie Oldies, aber dass in der jährlichen Hitparade immer noch „Stairways to heaven“von Led Zeppelin siegt, hält er für „etwas beknackt“.