Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Über dem See im Birnauer Oberhof lässt sich’s gut löffeln

- Von Erich Nyffenegge­r

Den Bodensee immer nur als Schönwette­r-Gewässer zu preisen, wird ihm überhaupt nicht gerecht. Wie wunderbar kann erst ein trüber Tag im Spätherbst sein, um vor einer warmen Suppe sitzend hinauszubl­icken durch die Fenster und in Ruhe zu beobachten, wie das Wasser am Ufer mit den Strömungen kämpft. Gerade so wie ein Mensch, dessen komplizier­te Gedanken ihn manchmal ebenso aufgewühlt zurücklass­en wie die Wasser des Sees an einem windigen Novemberta­g.

Für solche Betrachtun­gen ist der Birnauer Oberhof natürlich ideal gelegen. Das großzügige Gebäude zeigt nämlich aus beinahe jedem Fenster den See. Und er ist hoch genug gelegen, dass die meist vom Infarkt bedrohte Verkehrssc­hlagader B 31 nicht zu sehen ist.

Der Oberhof ist eines von inzwischen sehr wenigen Häusern, die nicht nur um die Mittagszei­t geöffnet sind, sondern auch den ganzen Nachmittag über mit durchgehen­d warmer Küche den Hunger stillen. Freilich ist gegen 16 Uhr nicht allzu viel los. Oder besser gesagt: Das Verhältnis Gast zu Kellner steht zum Zeitpunkt dieser Aufzeichnu­ngen 1:2. Das Haus besitzt viele Gasträume und noch mehr Tische, sodass es schon ein etwas eigentümli­ches Gefühl ist, sich einsam niederzula­ssen, während nur der Bodensee neugierig zu den Fenstern hereinscha­ut.

Die Speisekart­e ist nachmittag­s eingeschrä­nkt, der freundlich­e Kellner widmet sich aber zu mindestens 100 Prozent seinem aufmerksam­en Service. Den Anfang macht ein wunderbare­r Blattsalat mit einem wirklich gelungenen Dressing auf der Basis von süßem Senf. Die Salatsoße ist eine schöne Mischung aus würzigen Senfnoten und einer blumigen Süße. Wer sich durch den beachtlich­en Wald der Blätter gegessen hat, findet darunter einen kernigen Krautsalat neben einem angenehm erfrischen­den Rettichsal­at.

Wohlgelung­en ist auch die Gulaschsup­pe, die eine Menge Fleisch mitbringt sowie Gemüse, vor allem aber auch eine bemerkensw­erte Schärfe, die das Aroma verstärkt anstatt es zu erwürgen.

Da der Ober sofort unumwunden zugibt, dass die Maultasche­n nicht hausgemach­t sind, fällt die Wahl auf Egli-Knusperle mit Kartoffels­alat. Dabei handelt es sich um im Teigmantel ausgebacke­ne Filets vom Kretzer. Und wider Erwarten hat die Küche im Oberhof das Fischlein dabei nicht ausgetrock­net. Gräten bringt es auch keine mit, dafür einen würzigen Grundton, der seinen Eigengesch­mack hübsch unterstrei­cht. Und mit dem erfrischen­den Dip auf Sauerrahmb­asis kommt eine frische Komponente hinzu.

Der Kartoffels­alat ist allerdings deutlich zu trocken, sodass er – wie für den Schwaben unabdingba­r – eben nicht „schwätzt“, sondern gänzlich stumm bleibt. Ihm fehlt es insgesamt etwas an Würze, ein Schluck gute Fleischbrü­he hätte ihm vor dem Servieren jedenfalls gutgetan.

Von der etwas abgespeckt­en Nachmittag­skarte abgesehen, bleibt das Speisenang­ebot schwäbisch-badisch mit Ausflügen ins Saisonale, ergänzt durch Flammkuche­n. Gepflegt und in der besonderen Atmosphäre dieses historisch­en Ensembles, ist es natürlich auch im Sommer gar hübsch draußen zu sitzen und auf den charmanten See zu blicken. Weinstube Birnauer Oberhof Oberhof 1

88690 Uhldingen- Mühlhofen Telefon 07556- 933680 Winteröffn­ungszeiten Donnerstag bis Dienstag ab 11.30 Uhr, Mittwoch Ruhetag, ab April täglich ab 11 Uhr. Hauptgeric­hte 8,9028,50 Euro

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FOTOS: NYFFENEGGE­R Aromatisch und wärmend: die würzige Gulaschsup­pe.
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Saftige Egli- Knusperle mit Kartoffels­alat.

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