Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Licht an, Licht aus
Die Stadt Weingarten bekommt die Straßenbeleuchtung einfach nicht in den Griff
WEINGARTEN - Ein wenig müssen sich die städtischen Mitarbeiter wie beim Murmeltiertag aus dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“mit Bill Murray vorkommen. Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat die gleiche Meldung beim Serviceportal „bürgermeldungen.com/weingarten“: Straßenlaterne XY defekt. Beleuchtung YZ funktioniert nicht. Straßenbeleuchtung ZA ausgefallen.
Seit das Portal im März 2016 in Weingarten in Betrieb genommen wurde, taucht die Beleuchtungssituation in der Stadt mit Abstand am häufigsten auf. Allein in den vergangenen vier Wochen gab es sieben verschiedene Fälle. Für die Stadtverwaltung dennoch kein Grund zur Beunruhigung. „Wenn ein Defekt an einem Schalter auftritt, können gegebenenfalls mehrere Straßenzüge von einem Ausfall der Beleuchtung betroffen sein. Eventuell hat es daher für Bürgerinnen und Bürger den Anschein, dass sich die Fälle häufen – statistisch liegen wir jedoch im gesunden Durchschnitt“, heißt es in einer Stellungnahme.
Rund 3400 Straßenlaternen
Das Hauptproblem ist dabei die Technik. Denn die rund 3400 Straßenlampen in Weingarten sind über 50 verschiedene Schaltstellen miteinander verbunden und werden von verschiedenen Stromkreisen gespeist. Im Optimalfall erhalten sie beim Einsetzen der Dämmerung über Lichtsensoren ein Signal, welches dann von Schaltstelle zu Schaltstelle weitergegeben wird.
Ist solch ein Einzelgerät defekt, sendet es kein Signal und die daran gekoppelten Laternen gehen nicht an. Das kann teilweise richtig gefährlich werden. So berichtet ein Bürger Anfang November, dass die Beleuchtung am Zebrastreifen in der Ochsengasse am Broner Platz ausgefallen sei, wo die Autofahrer mit Tempo 50 aus dem Tunnel kommen. „Vielleicht hat deshalb heute Abend um 22 Uhr ein aus dem Tunnel kommender SUV-Fahrer den Fußgängerübergang nicht erkannt und mich beinahe überfahren, als ich die Fahrbahn überqueren wollte“, schreibt er. Daraufhin reagierte die Stadt direkt und reparierte die Beleuchtung an dieser Stelle.
Und genau solche Reparaturen sind auch verantwortlich für ein anderes kurioses Phänomen. Denn in manchen Straßenzügen klagen Anwohner nicht über zu wenig, sondern zu viel Licht. Zumindest wundern sich immer wieder Bürger, warum die Straßenlaternen auch tagsüber leuchten.
Doch die Antwort ist recht simpel: „Sobald ein Defekt bei der Stadt gemeldet wird, finden tagsüber Kontrollen statt, um den Fehlerherd zu beheben. Hierbei wird tagsüber der Stromkreis angeschaltet und so kommt es dazu, dass in einigen Straßen tagsüber (kurzzeitig) die Beleuchtung brennt“, heißt es vonseiten der Stadt. So können die Mitarbeiter die betroffenen Laternen und Schaltstellen schnell ausfindig machen. Zum statistischen Durchschnitt gehört all das wohl dazu. So hatte es schon Mitte Oktober einen großflächigen Ausfall der Straßenbeleuchtung im nordwestlichen Stadtgebiet gegeben (die SZ berichtete). Schon damals hatte die Stadtverwaltung um Nachsicht bei den Bürgern gebeten. Schließlich hatte es in den vorausgegangenen Monaten bereits immer wieder Ausfälle gegeben. Die Stadt verwies damals auf das in die Jahre gekommene Leitungsnetz.
Zwei zentrale Steuerungsanlagen
„Da die Beleuchtung derzeit von nur zwei Steuerungsanlagen im Stadtgebiet zentral gesteuert wird, wirken sich lokale Leitungsschäden dabei stets auf größere Stadtbereiche aus. Die Stadtverwaltung wird dieses Problem nun kurzfristig aufgreifen. Durch eine Umstellung der Steuertechnik sollen Ausfälle künftig
ANZEIGE beschränkt und leichter lokalisiert werden können“, hieß es damals. Wenige Monate später gibt es nun eine ähnliche Antwort. Die Technik sei nicht veraltet, in vielen Bereichen habe man bereits auf LED-Technik umrüsten können. Allerdings: „Bei einem mehr als 80 Kilometer langen Straßen- und Leitungsnetz kann man nicht von heute auf morgen alle Leitungen rundum erneuern. Wir gehen hier schrittweise vor. Sobald ein Kabel defekt ist, wird es durch ein neues ersetzt“, schreibt die Stadtverwaltung.
Der statistische Durchschnitt wird demnach nur langsam sinken – und wieder grüßt das Murmeltier.