Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Reizthema Dialekt
Heftige Reaktion auf Dialekt-Interview im Netz
WEINGARTEN - Mit teilweise harscher Kritik haben die Leser der „Schwäbischen Zeitung“auf das Interview mit der Weingartener Sprachwissenschaftlerin Cordula Löffler zum Thema „Dialekt“, am 14. November erschien, reagiert.
Löffler hatte in dem Wortlaut-Interview auf die Frage, warum ein Lehrer aus Oberschwaben in der Schule kein Schwäbisch im Unterricht sprechen sollte, geantwortet: „Weil es in der Schule oder im Kindergarten inzwischen auch viele Kinder gibt, die Deutsch erst lernen müssen“. Zugleich sagte die Sprachwissenschaftlerin auch „das heißt nicht, dass ein Pädagoge keinen Dialekt sprechen darf. Außerhalb des Unterrichts kann das sogar wünschenswert sein, um Nähe zu schaffen. Aber vor der Klasse ist Distanz gefragt und mit der Standardsprache verschafft man sich Respekt.“
Ganz offensichtlich ist dies einigen Lesern auf der SZ-Website übel aufgestoßen. In der Schulwirklichkeit, heißt es in einem Kommentar „kommt es mitunter maßgeblich auf eine gute Lehrer-Schüler-Beziehung an. Beziehung schafft man aber nicht durch Distanz, sondern durch Nähe. [...] Wer behauptet, die Standardsprache sei geeignet, sich Respekt zu verschaffen, hat wohl schon länger keinen Kontakt zu einer Schulklasse mehr gehabt.“
„Gerade für die Integration der Kinder ist es doch wichtig, dass sich die Einheimischen nicht verbiegen und die Neuen uns so kennen lernen, wie wir sind. Und da gehört der Dialekt dazu“, meint ein anderer Leser. Und in einem Kommentar ist zu lesen: „Komische Welt. Da predigt man uns die ganze Zeit, wir sollen mehr Toleranz zeigen. Aber unsere Sprache soll niemand tolerieren.“
Anscheinend haben einige Kommentatoren den Wortlaut des Interviews auch als allgemeine Kritik am Dialektsprechen aufgefasst. Ein Leser fragt, ob „Frau Löffler denn Menschen mit Dialekt für minderbemittelt“hält. Und weiter: „Sie füttert mit ihren Ausführungen die Vorurteile geradezu.“
Wie die Reaktionen auf das Interview zeigen, ist der Dialekt ein sensibles Thema, bei dem sich Menschen bewertet und sich genötigt fühlen, ihrer Meinung freien Lauf zu lassen. „ [...] die Dame hat ihren Lehrauftrag verfehlt!“oder „bitte gehen sie wieder zurück in den Ruhrpott und verbreiten so dort ihr bledes Gschwätz!“sind da noch harmlos.
Keiner der Kommentatoren ist übrigens auf die Forderung der Sprachwissenschaftlerin eingegangen, „prinzipiell sollten Erzieher zwischen Hochdeutsch und Dialekt hin und her wechseln können“und dass es darum gehe, dass Kinder „lernen, dass sie umschalten müssen.“