Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Reizthema Dialekt

Heftige Reaktion auf Dialekt-Interview im Netz

- Von Markus Reppner

WEINGARTEN - Mit teilweise harscher Kritik haben die Leser der „Schwäbisch­en Zeitung“auf das Interview mit der Weingarten­er Sprachwiss­enschaftle­rin Cordula Löffler zum Thema „Dialekt“, am 14. November erschien, reagiert.

Löffler hatte in dem Wortlaut-Interview auf die Frage, warum ein Lehrer aus Oberschwab­en in der Schule kein Schwäbisch im Unterricht sprechen sollte, geantworte­t: „Weil es in der Schule oder im Kindergart­en inzwischen auch viele Kinder gibt, die Deutsch erst lernen müssen“. Zugleich sagte die Sprachwiss­enschaftle­rin auch „das heißt nicht, dass ein Pädagoge keinen Dialekt sprechen darf. Außerhalb des Unterricht­s kann das sogar wünschensw­ert sein, um Nähe zu schaffen. Aber vor der Klasse ist Distanz gefragt und mit der Standardsp­rache verschafft man sich Respekt.“

Ganz offensicht­lich ist dies einigen Lesern auf der SZ-Website übel aufgestoße­n. In der Schulwirkl­ichkeit, heißt es in einem Kommentar „kommt es mitunter maßgeblich auf eine gute Lehrer-Schüler-Beziehung an. Beziehung schafft man aber nicht durch Distanz, sondern durch Nähe. [...] Wer behauptet, die Standardsp­rache sei geeignet, sich Respekt zu verschaffe­n, hat wohl schon länger keinen Kontakt zu einer Schulklass­e mehr gehabt.“

„Gerade für die Integratio­n der Kinder ist es doch wichtig, dass sich die Einheimisc­hen nicht verbiegen und die Neuen uns so kennen lernen, wie wir sind. Und da gehört der Dialekt dazu“, meint ein anderer Leser. Und in einem Kommentar ist zu lesen: „Komische Welt. Da predigt man uns die ganze Zeit, wir sollen mehr Toleranz zeigen. Aber unsere Sprache soll niemand tolerieren.“

Anscheinen­d haben einige Kommentato­ren den Wortlaut des Interviews auch als allgemeine Kritik am Dialektspr­echen aufgefasst. Ein Leser fragt, ob „Frau Löffler denn Menschen mit Dialekt für minderbemi­ttelt“hält. Und weiter: „Sie füttert mit ihren Ausführung­en die Vorurteile geradezu.“

Wie die Reaktionen auf das Interview zeigen, ist der Dialekt ein sensibles Thema, bei dem sich Menschen bewertet und sich genötigt fühlen, ihrer Meinung freien Lauf zu lassen. „ [...] die Dame hat ihren Lehrauftra­g verfehlt!“oder „bitte gehen sie wieder zurück in den Ruhrpott und verbreiten so dort ihr bledes Gschwätz!“sind da noch harmlos.

Keiner der Kommentato­ren ist übrigens auf die Forderung der Sprachwiss­enschaftle­rin eingegange­n, „prinzipiel­l sollten Erzieher zwischen Hochdeutsc­h und Dialekt hin und her wechseln können“und dass es darum gehe, dass Kinder „lernen, dass sie umschalten müssen.“

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FOTO: DPA/STEFAN PUCHNER Ob Bayrisch, Schwäbisch oder Fränkisch: Die Frage, wie man in Kita und Schule mit Dialekt umgehen soll, ist umstritten.

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