Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Fünf Jahre Haft wegen versuchten Mordes
Landgericht Ravensburg ordnet Unterbringung in psychiatrischem Krankenhaus an
RAVENSBURG - Die Erste Große Strafkammer des Landgerichts Ravensburg hat einen 54-jährigen Mann wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt. Neben der Verhängung der Strafe ordnete das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an.
Der Angeklagte hatte in alkoholisiertem Zustand am Abend des 22. Mai 2017 an seiner Wohnungstür einen Nachbarn überraschend mit einem Küchenmesser angegriffen und in den Unterbauch gestochen.
Die Strafkammer stützte sich bei der Urteilsfindung und Strafzumessung auf die Bewertung des psychiatrischen Gutachters Hermann Assfalg. Der Angeklagte leidet schon seit vielen Jahren an einer Psychose. Im Laufe der Zeit habe sich die Psychose manifestiert, ein prozesshaftes System kam in Gang. Dazu habe auch die Trennung von seiner Ehefrau beigetragen.
Es war dem Angeklagten nicht mehr möglich, sich an Prioritäten zu orientieren, Wahnvorstellungen beeinträchtigten sein Leben. Mit einem Medikament war und ist es möglich, die Krankheit zu stabilisieren. War er jedoch nicht unter Führungsaufsicht, versuchte er die Dosis zu minimieren oder die Arznei ganz wegzulassen. Dann kam es immer wieder zu aggressiven Ausfällen, teils mit Übergriffen auf seine Mutter oder einen behandelnden Arzt.Die Diagnose war für Assfalg klar: Chronofizierte paranoide Schizophrenie. Ebenso bescheinigte er dem Angeklagten eine längere psychische Alkoholabhängigkeit. Zur Tat selber sah der Gutachter keine Hinweise auf eine wahnhafte Vorstellung. Allerdings sah er eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit als gegeben an. Diese sei durch die hohe Alkoholisierung, mit 2,3 bis 2,5 Promille zur Tatzeit, verstärkt worden.
Hohe Wahrscheinlichkeit für eine Tatwiederholung
Er empfahl die Unterbringung im Maßregelvollzug. Ohne Führungsaufsicht sei eine geordnete Medikamenteneinnahme nicht gewährleistet. Zudem sei eine zukünftige Gefährdung für die Allgemeinheit gegeben. „Eine hohe bis höhere Wahrscheinlichkeit für eine Tatwiederholung ist gegeben“, so Assfalg. Oberstaatsanwalt Karl-Josef Diehl forderte sechs Jahre Haft, die Verteidigung hatte eine geringere Haftstrafe beantragt. Beide sahen eine Unterbringung in ein psychiatrisches Krankenhaus als notwendig an.
Die geringe Verletzung und das Teilgeständnis habe laut Richter Stefan Maier für den Angeklagten gesprochen. Allerdings habe dieser einen tödlichen Ausgang billigend in Kauf genommen. In der rechtlichen Wertung sah die Kammer den Tatbestand der Heimtücke als gegeben an. Nun wird in jährlichem Abstand geprüft, ob sich eventuell eine Verbesserung des Gesundheitszustandes ergeben hat. Gegen das Urteil kann innerhalb einer Woche Revision eingelegt werden.