Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Bahnkunden stehen im Freien und frieren
Sanierungsarbeiten am Bad Waldseer Bahnhof dauern länger als geplant
BAD WALDSEE - Bahnkunden, die am Waldseer Bahnhof auf ihren Zug warten, sollten sich warm anziehen und gut zu Fuß sein. Reisende müssen hier nämlich bei Wind und Wetter im Freien ausharren, weil das Gebäude hinter Bauplanen verschwindet. Zudem ist der halbe Bahnsteig von Gerüsten blockiert und der Schnee weht unterm Dachvorsprung herein. Die Sitzbank hat die Deutsche Bahn ebenfalls entfernen lassen. Besserung ist erst in Sicht, wenn das Gebäude fertig saniert ist. Und das kann dauern, weil der Bauherr mit der Bürokratie zu kämpfen hat.
Dieser marode Bahnhof, der das Erscheinungsbild der Kur- und Fremdenverkehrsstadt seit Jahren nachhaltig trübt, wird zur Endlos-Story. Zwar besteht Hoffnung, weil Christian Skrodzki von der „Historischen Kaufhaus Anker Immo Verwaltungs OHG“aus Leutkirch das Haus gekauft und in den nächsten Monaten grundlegend sanieren wird. Aber im Augenblick ruhen die Bauarbeiten und dadurch dürfte sich die Fertigstellung in den Herbst 2018 hinein verschieben.
Großbaustelle kostet Nerven
„Ja, es stimmt, ich bin in Sachen ,Waldseer Bahnhof’ sehr ernüchtert, das kann man so ausdrücken“, räumt der Investor auf SZ-Anfrage ein, dass ihn diese Großbaustelle „reichlich Nerven“kostet. Und dass aus der geplanten Eröffnung im späten Frühjahr kommenden Jahres wohl nichts werden wird. Dabei ist Skrodzki nach den positiven Erfahrungen beim Umbau des Leutkircher Bahnhof auch in Bad Waldsee „sehr optimistisch“an die Sache herangegangen, wie er erzählt. „Und ich kann noch nicht einmal sagen, dass eine bestimmte Behörde Schuld hätte an diesen Verzögerungen. Es ist schlicht das komplizierte Zusammenspiel aller am Umbau Beteiligten, was das Ganze so zäh macht“, betont Skrodzki. Er lässt auch durchblicken, dass dies der letzte Bahnhof ist, den er kaufen und sanieren werde.
Im Moment hakt es seinen Ausführungen zufolge an der „Prüfstatik“, die aufgrund der Nähe des Gebäudes zu den Gleisen nur von „speziell zertifizierten Prüfern der Bahn“vorgenommen werden dürfe, was offenbar viel Zeit in Anspruch nimmt. „Das verstehe ich auch, dass hier ein anderes Sicherheitsverständnis gelten muss als bei einem Wohnhaus in einer Siedlung. Aber daran hängen eben alle weiteren Bauarbeiten, die wir gerne vor dem Winter erledigt haben wollten“, sagt Skrodzki hörbar zerknirscht. Weil dies dadurch nun nicht geklappt habe, verzögere sich die geplante Fertigstellung des Bahnhofes voraussichtlich um ein paar Monate.
Und so lange müssen sich Waldsees Bahnkunden gedulden – oder ausweichen auf Bahnhöfe der näheren Umgebung, die im Winter wenigstens einen beheizten Wartesaal haben. Und eine Sitzmöglichkeit, auf die vor allem ältere Bahnkunden angewiesen sind. In Bad Waldsee heißt es weiterhin stehen und frieren, wie eine SZ-Anfrage bei der Deutschen Bahn ergab. „Die überdachte Sitzmöglichkeit kann erst nach dem Rückbau des Baugerüstes an Bahnsteig 1 wieder bereitgestellt werden. Eine alternative Sitzplatzmöglichkeit mit Überdachung können wir derzeit leider nicht anbieten. Wir bedauern die Unannehmlichkeiten“, heißt es dazu seitens eines Bahnsprechers aus Stuttgart, der in der SZ namentlich nicht zitiert werden möchte.
Immerhin scheint die Suche des Investors nach einem Bäckereibetreiber mit Tagescafé im Erdgeschoss des Bahnhofs doch noch von Erfolg gekrönt zu sein. Skrodzki: „Wir haben offensiv gesucht und auch jemanden gefunden, der das machen möchte. Es sind jetzt nur noch letzte Details zu klären.“