Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Chor führt Bachs Weihnachtsoratorium auf
Zum Jahresende wird in Wangen und Isny auch eine Version für Kinder aufgeführt
WANGEN (sz) - Kurz nach Weihnachten führt der Oratorienchor Wangen das gesamte „Weihnachtsoratorium“von Johann Sebastian Bach auf. Jeweils ab 19 Uhr erklingen am Freitag, 29. Dezember, die Kantaten I, IV, V und VI in der Nikolai-Kirche Isny und am Samstag, 30. Dezember, die Kantaten I, II, III und VI in der Wangener Martinskirche. Sowohl am Freitag in Isny als auch am Samstag in Wangen wird zusätzlich, jeweils ab 17 Uhr, das 45-minütige „Weihnachtsoratorium für Kinder“von Johann Sebastian Bach aufgeführt. Die Weihnachtsgeschichte, von einem Erzähler kindgemäß vorgetragen, wird kombiniert und musikalisch ausgedeutet in Vorträgen von Gesangssolisten, Chor und Orchester.
Beim „Weihnachtsoratorium“handelt es sich eigentlich um einen Zyklus von sechs relativ selbstständigen Kantaten, von denen jeweils eine an den Weihnachtsfeiertagen, am Neujahrsfest, am Sonntag nach Neujahr und am Erscheinungs- oder Dreikönigsfest aufgeführt wurde. Bach selbst bezeichnete später diesen Kantatenzyklus als „Weihnachtsoratorium“.
Der einheitsstiftende Moment für die sechs Oratorienteile ist die fortlaufende Erzählung der Kindheitsevangelien, vorgetragen von der hohen Tenorstimme, nämlich Lukas 2,121 (Teile I-IV) und Matthäus 2,1-12 (Teile V und VI). Dem Bibelwort beigegeben sind nachdenkliche Arien, Rezitative und stimmungsvolle Choräle als Ausdruck des Glaubens der Gemeinde. Jeder Teil beginnt mit einem Lob- und Preischor, nur in Teil II eröffnet Bach mit dem einzigen reinen Instrumentalsatz, der Hirtensinfonie.
Enormer Umfang
Wegen des enormen Umfangs kann das „Weihnachtsoratorium“bei einem Konzert nur teilweise erklingen. Die Kantaten I-III der diesjährigen Wangener Aufführung beinhalten das vertraute Weihnachtsgeschehen aus dem Lukasevangelium: Geburt im Stall, Hirten auf dem Feld, Engelsbotschaft und die Hirten an der Krippe. In Kantate VI fordert Herodes die drei Weisen auf, ihn zum neugeborenen Kinde zu führen. Sie täuschen ihn jedoch und huldigen dem Kind im Stall mit Gold, Weihrauch und Myrrhe.
Auch in der musikalischen Anlage wird die Geschlossenheit des „Weihnachtsoratoriums“deutlich. Festliches D-Dur verbindet die Kantaten I,III und VI, deren konzertante Chöre von Trompeten überstrahlt und mit Paukenklang unterlegt werden. Insgesamt versprühen die vier Kantaten der diesjährigen Wangener Aufführung, von denen zwei (I und VI) auch in Isny erklingen, mit ihren D-Dur-Tonarten eine anhaltende Jubelstimmung, ein Umstand der möglicherweise aus dem weltlichen Ursprung vieler Stücke herrührt. Bach komponierte nämlich nicht das gesamte Oratorium neu. Ein Großteil der Arien und nicht choralgebundenen Chöre entstammt zwei zuvor komponierten Huldigungskantaten für das sächsische Herrscherhaus. Bach übernimmt die Musik, arbeitet sie leicht um und unterlegt sie mit einem neuen Text.
Das bekannteste Beispiel ist der imposante Eingangschor. Aus „Tönet ihr Pauken, erschallet Trompeten“(BWV 214) wird „Jauchzet, frohlocket, auf preiset die Tage“, und immer noch erklingen zuerst die Pauken und dann die Trompeten. Parodie nennt man in der Musikwissenschaft dieses Verfahren, das im Barockzeitalter gängige Praxis war. Im „Weihnachtsoratorium“überwiegen jedoch die innovativen Neukompositionen,
Das Konzert in Isny umfasst ebenfalls Anfangs- und Schlusskantate, die die Kantaten IV und V umschließen. Ausgehend von der Beschneidung Jesu und dem Besuch der Weisen bei Herodes haben Chöre, Rezitative und Arien weitgehend anbetenden, besinnlichen und bekenntnishaften Charakter. Beispielhaft dafür ist die Tenor-Arie „Ich will nur Dir zu Ehren leben“oder die Bitte des Bassisten, „Erleuchte auch meine finstren Sinne“.
Das Barockorchester „La Banda“aus Augsburg spielt auf historischen Instrumenten die Orchesterbegleitung. Katrin Müller (Sopran), Judith Ritter (Alt), Cristian Rathgeber (Tenor) und Manfred Bittner (Bass) singen die Rezitative und Solo-Arien.
Karten sind erhältlich in Wangen beim Musikhaus Förg unter Telefon 07522 / 21987 und in Isny bei der Geschäftsstelle der „Schwäbischen Zeitung“unter Telefon 07562 / 97210 (nur Barzahlung möglich). Besitzer einer Abokarte der SZ erhalten für sich und eine Begleitperson zwei Euro Ermäßigung auf die regulären Eintrittspreise der beiden Abendkonzerte (nur im Vorverkauf). Für „Bachs Weihnachtsoratorium für Kinder“gibt es eine Familienkarte.