Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kontrapunkt der Ruhe und Besinnung
Adventskonzert der Chorgemeinschaft Grünkraut hat in die Weihnachtszeit eingestimmt
GRÜNKRAUT - Ein Kontrapunkt der Ruhe und Besinnung will jedes Jahr das Adventskonzert der Chorgemeinschaft (MGV) Grünkraut sein. Adventus – Erwartung: Diesem Inhalt fühlt sich Chorleiter Ulrich Niedermaier bei der Auswahl des Programms verpflichtet.
Auch in diesem Jahr strömen die zahlreichen und treuen Besucher am dritten Adventswochenende in die kleine Kirche in Atzenweiler, um in familiärer Stimmung feinsinnige Adventsmusik zu hören und Stunden der Besinnung zu wagen. Die jahrzehntelange Verbindung von Ulrich Niedermaier mit der MGV hat in dieser Kontinuität eine eigene Qualität entwickelt. Pfarrer Birkle trägt mit seinen ausgewählten anregenden Texten zur Besinnung bei.
Das Publikum lässt sich von Musik und Wort mitnehmen in die Erwartung, Beseelung und Vertiefung. In den Adventschorälen von Christoph Graupner kommt all dies zum Ausdruck in großer Tonsprache. Der Chor singt es aus tiefstem Herzen und mit barocker Musizierfreude. Musikalischen Ausdruck für die Not und Kümmernisse und Fragilität alles Weltlichen bei gleichzeitig aufscheinender Hoffnungsfreude auf das Kommen des Lichts findet sich auch in der Kantate „Auch mit gedämpften Stimmen“, die Bach eigens für den ersten Advent komponiert hat. In liturgischer Eindeutigkeit steht diese Musik ganz auf adventlichem Grund. Ulrich Niedermaier, dem die Ebene der Verkündigung ein Anliegen in seiner musikalischen Arbeit ist, hat sie ganz bewusst gewählt. Theresa Immerz (Sopran) gestaltet die Arie innig in pastoralem Charakter. Die Flöte, virtuos gespielt von Steffen Hail, und der samtene Klang des Cello von Julia Boenchendorf unterstreichen dies in besonderer Weise.
Selten zu hörende Werke
Zur allgemeinen Freude finden sich im Programm einige selten zu hörende Werke wie Cesar Francks „Panis angelicus“oder „O Radix Jesse“von Julius Paul von Nuffel, einem belgischen Komponisten, dessen Werke geprägt sind von komplizierten harmonischen Modulationen, expressiver Melodik und dynamischer Variationsbreite. Überzeugend wird sie vom Chor dargeboten. Eine Besonderheit ist die Aufführung des Magnifikats von Antonio Vivaldi für Soli, Chor, Oboen, Streicher und Basso Continuo, das im Mittelpunkt des Konzertes steht. Die Mitglieder des kleinen, aber feinen Ensembles finden sich alljährlich in bewährter Weise zusammen; sie musizieren mit überzeugendem Klang auf beachtlichem Niveau.
Vivaldis Magnifikat erinnert im strukturellen Aufbau stark an das gleichnamige Werk seines Zeitgenossen J.S. Bach. Es vertont in ständigem Solo- und Tuttiwechsel das neutestamentliche Canticum, eine Musik, die tragend, tiefsinnig und besonders bewegend anmutet. Eine Besonderheit stellt dabei das „Deposuit potentes“dar, in dem der Chor unisono geführt wird, was eine große Herausforderung darstellt, da hier eine absolut reine Intonation erforderlich ist. Der Chor meistert sie mit großem Engagement und Begeisterung. Glanzpunkte sind die exponierten Soli der jungen Grünkrauter Gesangssolistinnen Theresa Immerz (Sopran), Birgit Arnegger (Sopran), Martina Obert (Alt), und Markus Kimmich (Tenor), die ihre Arien souverän und authentisch singen.
Im gemeinsam gesungenen „Tochter Zion“findet dieses besondere Konzert seinen würdigen Abschluss. Der Dialog von Solisten, Chor und Instrumentalisten und Zuhörern ergibt ein Gesamtkunstwerk, und allen Beteiligten ist einmal mehr für eine gelungene Einstimmung aufs Weihnachtsfest zu danken.