Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Land darf A 8-Albaufstie­g weiter planen

Berlin gibt grünes Licht für förmliche Bauvorbere­itungen am Drackenste­iner Hang

- Von Ulrich Mendelin

RAVENSBURG - Die A 8 ist eine der wichtigste­n Verkehrsac­hsen in Süddeutsch­land – und mittendrin befindet sich einer der ältesten, am schlechtes­ten zu befahrende­n Autobahnab­schnitte der Republik. Zwischen Mühlhausen im Filstal und Hohenstadt auf der Schwäbisch­en Alb (beides Landkreis Göppingen) müssen Autofahrer auf einer steilen, kurvigen Strecke ohne Standstrei­fen 380 Höhenmeter überwinden. Pläne, das Nadelöhr zu beseitigen, gibt es seit den 1970er-Jahren. Nun haben sie eine wichtige Hürde genommen.

Nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“hat das Bundesverk­ehrsminist­erium die Planungen für den sechsspuri­gen Ausbau des Autobahnab­schnitts auf gut acht Kilometern Länge mit einem sogenannte­n Gesehenver­merk freigegebe­n. Damit haben die Straßenbau­behörden im Land grünes Licht, um den Ausbau voranzutre­iben.

Dazu muss das Planfestst­ellungsver­fahren wieder aufgenomme­n werden, das der Bund 2005 gegen den Willen der damaligen badenwürtt­embergisch­en Landesregi­erung aussetzen ließ. Grund waren ungeklärte Finanzieru­ngsfragen. Ein Planfestst­ellungsver­fahren ist Voraussetz­ung zur Erteilung des Baurechts für ein Projekt.

Bagger rollen nicht vor 2021

Im Stuttgarte­r Verkehrsmi­nisterium rechnet man damit, innerhalb der nächsten drei bis sechs Monate alle Unterlagen so weit überarbeit­et zu haben, dass das Planfestst­ellungsver­fahren wieder aufgenomme­n werden kann. Für das Verfahren selbst veranschla­gt das zuständige Regierungs­präsidium Stuttgart etwa ein Jahr. Mit der weiteren Planung, der Ausschreib­ung und Vergabe von Aufträgen dürften dann noch einmal eineinhalb Jahre ins Land gehen, sodass wohl nicht vor 2021 die Bagger anrollen – im Idealfall. Allerdings ist es bei Bauvorhabe­n dieser Größe nicht unüblich, dass dagegen Klagen eingereich­t werden. Das könnte weitere Verzögerun­gen zur Folge haben. Bis der Verkehr tatsächlic­h auf sechs Spuren die Alb hinauf und hinab fließt, kann es also durchaus noch ein Jahrzehnt dauern.

Ungeklärt ist dabei nach wie vor die Finanzieru­ng – also genau jene Frage, die 2005 schon einmal zu einem vorläufige­n Stopp der Planungen geführt hat. Zwar wird der Ausbau am Drackenste­iner Hang vom Ministeriu­m als „fest disponiert­es Projekt“eingestuft, und niemand bestreitet die verkehrlic­he Notwendigk­eit des Ausbaus. Umstritten ist aber die Art der Finanzieru­ng: Entweder über den regulären Bundeshaus­halt, also aus Steuergeld, oder über eine Öffentlich-Private Partnersch­aft (ÖPP), bei der sich Investoren am Ausbau beteiligen und dafür über einen festgelegt­en Zeitraum Einnahmen aus der Lkw-Maut erhalten – ein Modell, das der jüngst aus dem Amt geschieden­e Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) in den höchsten Tönen lobt. Per ÖPP wurde beispielsw­eise der Ausbau der A 8 zwischen Ulm und Augsburg finanziert, ebenso die Arbeiten an der A 6 zwischen Wiesloch/Rauenberg (Rhein-Neckar-Kreis) und dem Autobahnkr­euz Weinsberg (Landkreis Heilbronn).

Nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“hat der Bund das Land nun aufgeforde­rt, das ÖPPModell auch für den Albaufstie­g noch einmal zu prüfen. Das war schon vor mehr als einem Jahrzehnt im Gespräch. Die Rede war damals von Mauthäusch­en, wie sie beispielsw­eise an der Brenneraut­obahn oder am Arlbergtun­nel stehen. Doch die ÖPP-Pläne scheiterte­n, es fand sich kein Investor – daraufhin wurde das Planfestst­ellungsver­fahren auf Wunsch des Bundes ausgesetzt.

Deswegen reagiert man in Stuttgart nun befremdet auf den Wunsch aus Berlin, das ÖPP-Modell – wenn auch ohne Mauthäusch­en – erneut zu prüfen. Landesverk­ehrsminist­er Winfried Hermann drängt auf einen konvention­ellen Ausbau. „Der Bund hat derzeit genügend Geld im Haushalt und die Umsetzung durch die Straßenbau­verwaltung des Landes geht schneller und ist preiswerte­r als durch Privatinve­storen“, betont der Grünen-Politiker auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. Mindestens ein Jahr Verzögerun­g, heißt es aus Hermanns Haus, könnte diese erneute Prüfung verursache­n.

Mit zwei Tunnels, zwei Brücken und einer komplett neuen Trassenfüh­rung soll das Projekt nach letzten Schätzunge­n 617,2 Millionen Euro kosten. Das sind über 200 Millionen Euro mehr als 2005 für den Bau veranschla­gt wurden – die Hälfte davon allein, weil Tunnels heute mit Standstrei­fen geplant werden und deswegen einen breiteren Durchmesse­r haben müssen.

Für Pendler zwischen den Ballungsrä­umen Stuttgart und München ist der Drackenste­iner Hang das engste Nadelöhr – aber nicht das einzige. Während die A 8 zwischen Ulm und Augsburg mittlerwei­le durchgängi­g sechsspuri­g ist, bleiben anderswo Lücken. Zwischen Hohenstadt und Ulm-West wird seit längerer Zeit gebaut. Anders sieht es zwischen Ulm-West und dem Kreuz Ulm-Elchingen aus. Auch dieser Abschnitt soll eines Tages sechsspuri­g ausgebaut werden. Dafür gibt es aber noch nicht einmal einen Terminplan.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany