Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Bundesweite Vorreiterin lehrt in Weingarten
Ilka Koppel ist die erste Juniorprofessorin für Alphabetisierung und Grundbildung
WEINGARTEN - Mehr als eine Millionen funktionale Analphabeten leben alleine in Baden-Württemberg. In ganz Deutschland sind es rund 7,5 Millionen betroffene Menschen. Sie können zwar einfache Wörter und Sätze lesen, haben aber bereits bei kürzeren Texten große Probleme. Das tatsächliche Ausmaß des Analphabetismus in Deutschland ist erst seit etwa 2011 bekannt, sagt Ilka Koppel.
Die 36-Jährige nimmt deutschlandweit ein Vorreiterrolle ein – seit Oktober ist sie als bundesweit erste Juniorprofessorin für Alphabetisierung und Grundbildung an der Pädagogischen Hochschule (PH) in Weingarten tätig. TRAUERANZEIGEN
„In erster Linie liegen meine Aufgaben in der Lehre und Forschung“, erklärt Koppel im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Sie beschäftigt sich seit 2009 mit Themen rund um Alphabetisierung und Grundbildung. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt dabei auf der Entwicklung neuer digitaler Lernangebote und der Frage, wie digitale Medien ausgerichtet und gestaltet sein müssen, um in der Erwachsenenbildung und in der Alphabetisierung zum Einsatz kommen zu können.
Die Juniorprofessorin und stellvertretende Leiterin des Masterstudiengangs „Alphabetisierung und Grundbildung“hält den Bedarf nach gut ausgebildetem Fachpersonal für enorm, kritisiert aber auch die Arbeitsbedingungen im Bereich der Erwachsenenbildung. Viele Kursleiter seien auf Honorarbasis angestellt. „Sie müssen dringend eine Aufwertung ihrer Tätigkeit erfahren“, findet Koppel.
Das hält Koppel auch für einen der Gründe für das noch geringe Interesse an dem Masterstudiengang „Alphabetisierung und Grundbildung“, der seit dem Wintersemester 2016/17 an der PH angeboten wird. In dem Studiengang werden unter anderem Inhalte zur Lernberatung, zur Feststellung von Kompetenzen und zur Gestaltung von Lernmaterialien vermittelt. Übergreifend spielt auch der lernunterstützende Einsatz von digitalen Medien eine große Rolle. Absolventen können zum Beispiel als Kursleiter oder an Bildungsinstitutionen in der Entwicklung von Lerninstrumenten und -materialien eingesetzt werden. Derzeit ist der Studiengang von zwei Studenten belegt. Eine wichtige Aufgabe sieht Koppel darin, den Studiengang bekannter zu machen.
An ihrem neuen Arbeitsplatz ist Koppel gut angekommen. Von dem Gebäude sei sie auf den ersten Blick schon beeindruckt gewesen. Und auch unter den neuen Kollegen fühlt sich Koppel wohl. „Alle waren von Anfang an sehr freundlich, aufgeschlossen und hilfsbereit. Das ist wirklich toll“, erzählt sie.
Für die Juniorprofessur ist Ilka Koppel mit ihrem Mann und ihren zwei kleinen Kindern aus Bremen nach Weingarten gezogen – BadenWürttemberg und Oberschwaben sind für die Familie noch neu. In ihrer Freizeit geht Koppel gerne campen, im Winter auch auf Skitouren. Kein Wunder also, dass ihr die Region bisher sehr gut gefällt.