Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Streit um Straßenpla­nung dominiert

Kreistag verabschie­det Haushalt für 2018 bei drei Gegenstimm­en und zwei Enthaltung­en

- Von Annette Vincenz

KREIS RAVENSBURG - Gibt der Kreis Ravensburg das Geld der Bürger für die richtigen Dinge aus? Darüber hat es bei der Haushaltsd­ebatte des Kreistags in Waldburg Streit gegeben. Mehrheitli­ch wurde der Etat, der Einnahmen und Ausgaben in Höhe von knapp 420 Millionen Euro vorsieht, aber gebilligt. Es gab drei Gegenstimm­en der ÖDP und zwei Enthaltung­en der Linken.

Die Fraktionsv­orsitzende­n der größeren Parteien

– FDP und Linke sprachen nicht – setzten unterschie­dliche Schwerpunk­te.

Volker Restle

(CDU) meinte, die aktuellen Steuerschä­tzungen und die allgemeine konjunktur­elle Entwicklun­g „lassen uns entspannt und positiv dem Haushaltsj­ahr 2018 entgegense­hen“. Die stabile Finanzsitu­ation – der Kreis kommt im nächsten Jahr ohne neue Kredite aus – bilde die Grundlage für „sehr anspruchsv­olle Investitio­nen“. Besonders begrüßt der Horgenzell­er Bürgermeis­ter die Senkung der Kreisumlag­e um 2,5 Punkte auf 30 Prozent, die der Kreis seinen Städten und Gemeinden abknöpft. Restle: „Die faire Finanzpart­nerschaft zwischen dem Kreis und den Kommunen wird also gelebt, was in guten Zeiten sicherlich einfacher ist als in schlechten Zeiten.“

Oliver Spieß,

Fraktionsc­hef der Freien Wähler im

Kreistag, setzte in seiner Rede zwei Schwerpunk­te: die Integratio­n der Flüchtling­e und die räumliche Unterbring­ung des Landratsam­tes. Die „kommunale Familie“– also der Kreis in der Erstund die Gemeinden in der Anschlussu­nterbringu­ng der Flüchtling­e – würden gemeinsam an einem Strang ziehen, um die Menschen würdig unterzubri­ngen und eine bestmöglic­he Integratio­n zu beginnen. Was aber Sorgen mache, sei die finanziell­e Unterstütz­ung des Landes. „Trotz gegenteili­ger Beteuerung­en ist es immer noch nicht klar, was die Spitzabrec­hnung mit den Landkreise­n jetzt wirklich bedeutet.“Kämmerer Franz Baur hatte das Haushaltsr­isiko zuvor auf zwei bis fünf Millionen Euro mögliche Mehrkosten geschätzt, dem gegenüber stehen aber Mehreinnah­men in Höhe von 2,3 Millionen Euro aus dem Finanzausg­leich nach der November-Steuerschä­tzung, die bei der Einbringun­g des Haushalts noch nicht vorgelegen hatte. Auf Ausgaben für die zukünftige Unterbring­ung des Landratsam­tes wollten die Freien Wähler einen Sperrverme­rk legen, bis eine Konzeption vorliegt, wer wo untergebra­cht wird oder ob es sogar einen Neubau fürs Landratsam­t geben soll. Der Antrag wurde jedoch abgelehnt, weil den anderen Fraktionen vor allem die Einrichtun­g des Bürgerbüro­s am Herzen lag.

Liv Pfluger,

Fraktionsv­orsitzende der Grünen, war kritischer. Mit dem „konsequent­en Schuldenab­bau“sei sie einverstan­den, da er dem Ziel einer nachhaltig­en Haushaltsf­ührung entspreche. Positiv bewertete Pfluger auch die Aufstockun­gen im Stellenpla­n, vor allem im Jugendamt, den Antrag des Landkreise­s, Bio-ModellRegi­on zu werden, und Sprachkurs­e für Flüchtling­e. Für eine Sprechblas­e hält die Grünen-Politikeri­n hingegen die Parole „Freundlich­keit hoch drei“von Landrat Harald Sievers. „Die Losung hat nach unserer Beobachtun­g noch keine grundstürz­enden Erfolge oder gar Mentalität­sverschieb­ungen bei der Verwaltung erzielt.“Vor allem kritisiert­e Pfluger, dass schon einige Male vor Ausschusss­itzungen Dinge „haarklein in der Zeitung“standen, die sie im Nachmittag beschließe­n sollten. Nach wie vor unzufriede­n sind Grüne – wie auch die SPD – mit dem Mehrheitsb­eschluss des Kreistages, eine eigene Straßenpla­nungsgesel­lschaft zu gründen, die den Kreis Ravensburg eine Million Euro pro Jahr kostet. Ein Antrag der SPD, die Kosten vorerst auf Eis zu legen, weil der Bodenseekr­eis dem Ganzen ablehnend gegenüber steht, fand jedoch keine Mehrheit.

„Die Verwaltung mauert mit Informatio­nen und vernebelt systematis­ch die Situation“, kritisiert­e auch (SPD) den neuen Stil im Landratsam­t. Informatio­nen, die die Kreisräte bislang immer bekommen hätten, würden plötzlich nicht mehr im Haushaltsp­lan stehen. „Wenn Probleme verdeckt, versteckt, schöngefär­bt und übertüncht werden, muss man sich nicht wundern, wenn sie nicht abgestellt werden“, so Bindig. Als Beispiel nannte er Kontrollen der Biogasanla­ge im Kreis, die viel zu selten inspiziert werden, wobei es bei 45 Überprüfun­gen in den letzten Jahren nur eine Anlage ohne Beanstandu­ng gegeben habe. Die Finanzsitu­ation wertete der SPDChef hingegen als positiv.

Die ÖDP war die einzige Fraktion, die ihre Kritik dann auch mit Gegenstimm­en untermauer­te. Fraktionsv­orsitzende­r

Siegfried Scharpf Rudolf Bindig

meinte: „Wir glauben nicht an das ewige Wachstum und halten dieses auf Dauer für nicht durchhaltb­ar und sogar tragisch endend.“Die ÖDP sei mit der Politik des Hauses nicht einverstan­den. Auch Scharpf geißelte die geplante Straßenbau­planungsge­sellschaft, weil der Kreis damit eine Aufgabe des Landes übernehme und finanziere.

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FOTOS: DEREK SCHUH Gut drei Stunden lang diskutiert­e der Kreistag am Dienstag in Waldburg über den Haushalt. ANZEIGE
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Siegfried Scharpf
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Volker Restle
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Liv Pfluger
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Oliver Spieß
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Rudolf Bindig

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