Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Abgeschaff­t

- Von Markus Reppner Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN (olli) - Nach 16 Spielzeite­n sind die Weingarten­er Klosterfes­tspiele in diesem Jahr endgültig abgeschaff­t worden. Die städtische­n Kosten von rund 150 000 Euro pro Spielzeit waren angesichts der strengen Sparauflag­en des Regierungs­präsidiums Tübingen einfach nicht mehr tragbar. Daher entschied der Gemeindera­t in seiner Sitzung im Juni, die traditions­reiche Veranstalt­ung abzuschaff­en. Wenige Monate später wurde im November dann auch einer kleinen Form des Sommerthea­ters, auf das viele Kulturscha­ffende gesetzt hatten, eine Absage erteilt.

Doch das Ende des großen Freilicht-Theaters hatte sich schon länger angedeutet. Nach dem Start im Jahr 2000 waren die roten Zahlen des kulturelle­n Aushängesc­hildes noch akzeptiert worden. Doch durch die finanziell­e Krise des Krankenhau­s 14 Nothelfer, die jahrelang den Haushalt belastete, mehrte sich die Zahl der Kritiker. Als dann noch der langjährig­e Spielort inmitten des Klosters im Jahr 2014 aufgegeben werden musste, weil sich die Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart querstellt­e, wurde es besonders kritisch.

Im Jahr 2015 gab es dann eine erste Zwangspaus­e. Es fehlte an Geld und einem neuen Spielort. Im Jahr 2016 konnten die Festspiele dann – auch durch einen Zuschuss in Höhe von 45 000 Euro vom Land – erst- und letztmals im Hofgut Nessenrebe­n aufgeführt werden. Denn auch die erst angedachte Variante im zweijährig­en Turnus stellte sich als nicht finanzierb­ar heraus. Daher wurde dann auch die Stiftung Klosterfes­tspiele GmbH durch die Gesellscha­fterversam­mlung aufgelöst. WEINGARTEN - Als Anfang Mai dieses Jahres bei der Stadt Weingarten ein Brief vom Regierungs­präsidium Tübingen (RP) eintrifft, dürften die Verantwort­lichen wohl geahnt haben, was auf sie zukommt. Am 8. Mai informiert Oberbürger­meister Markus Ewald den Gemeindera­t über den Inhalt des Briefs. Wie das RP festgestel­lt hat, sei die finanziell­e Leistungsf­ähigkeit der Stadt seit Jahren rückläufig. Zur planmäßige­n Tilgung von Krediten würden bis zum Jahr 2020 1,12 Millionen Euro fehlen. Aus heutiger Sicht wären die dann benötigten Kredite nicht genehmigun­gsfähig. Genau dann also, wenn in Weingarten die großen Schulsanie­rungen anstehen. Falls es so weitergehe, wüchsen die Schulden von derzeit knapp 20 Millionen Euro auf über 30 Millionen Euro an.

Für eine nachhaltig­e Haushaltsw­irtschaft seien deshalb umfangreic­he Sparmaßnah­men und kräftigere Einnahmen nötig. Als Mindestanf­orderungen an eine künftige Finanzplan­ung müsse die Abzahlung von Kreditrate­n von jährlich knapp einer Million Euro gewährleis­tet sein und eigenes Geld zu Finanzieru­ng von Investitio­nen zur Verfügung stehen.

Der Brief sorgte im Gemeindera­t für große Aufregung. „Das ist ein blauer, das ist ein dunkelblau­er Brief. Das ist ein Weingarten-Brief“, echauffier­te sich Axel Müller, Fraktionsv­orsitzende­r der CDU. Weingarten habe ein Grundsatzp­roblem und müsse einige Hausaufgab­en erledigen. Man dürfe nicht immer ausschließ­lich ans Sparen denken, sondern müsse auch mehr Einnahmen generieren.

„Strukturel­les Problem“

Oberbürger­meister Markus Ewald räumte ein, Weingarten habe ein „strukturel­les Problem“, was so viel heißt, dass es schwer wird, die Einnahmen großartig zu steigern. Vor allem hängt die Welfenstad­t am Tropf der Gewerbeste­uer, und da bekanntlic­h Platz für neue Unternehme­n auf der begrenzten Gemarkung kaum vorhanden ist, dürfte es schwierig werden, an dieser Stelle mehr Geld in die Kasse zu spülen. Potenzial sah der Stadtkämme­rer allerdings bei den Friedhofsg­ebühren, die kräftig angehoben wurden.

Bei den Ausgaben muss Weingarten vor allem die sogenannte­n „freiwillig­en Leistungen“unter die Lupe nehmen. Dazu gehören bei- spielsweis­e kulturelle Veranstalt­ungen wie die Klosterfes­tspiele. Für die kam dann tatsächlic­h Ende Juni das endgültige Aus. Auch die Personalau­sgaben der Stadt – einer der größten Ausgabenpo­sten im Verwaltung­shaushalt – bergen Einsparung­spotenzial.

Der Entwurf des Haushalts 2018 zeigt, dass diese Maßnahmen zu greifen beginnen. Immerhin erfüllt er nach Ansicht der Verwaltung die Mindestanf­orderungen des RP. Ob das RP das genauso sieht, steht noch in den Sternen. Fest steht allerdings, dass Weingarten in den nächsten fünf Jahren von seinen Rücklagen Investitio­nen finanziere­n wird. Die sind im Jahr 2020 aufgebrauc­ht. Und da stehen ja bekanntlic­h die großen Schulsanie­rungen an. WEINGARTEN -2 017 war wohl eines der turbulente­sten Jahre in der Geschichte der Pädagogisc­hen Hochschule Weingarten (PH). Zunächst verabschie­dete sich Kanzler Gregor Kutsch unbemerkt in den Ruhestand. Dann wurde durch Recherchen der „Schwäbisch­en Zeitung“bekannt, dass Kutsch wegen der Befristung seines Beamtenver­hältnisses das Land Baden-Württember­g verklagt und damit auch die Wiederbese­tzung des Kanzler-Postens behinderte. Doch als wäre all das noch nicht genug, zog der amtierende Rektor Werner Knapp seine Kandidatur kurz vor der Wahl eines neuen Hochschull­eiters völlig überrasche­nd zurück.

Damit werden drei der vier wichtigste­n Posten an der PH innerhalb eines Jahres ausgetausc­ht. Denn bereits im März war Ursula PfeifferBl­attner, Prorektori­n für Lehre und Studium, in den Ruhestand gegangen. Florian Theilmann wurde zum neuen Prorektor gewählt. Ende Juli verabschie­dete sich dann Kanzler Gregor Kutsch nach Ablauf seiner Amtszeit in den Ruhestand. Dass dies – im Gegensatz zum Ausscheide­n von Pfeiffer-Blattner – von der PH überhaupt nicht kommunizie­rt wurde, ließ bereits tief blicken. Letztlich stellte sich heraus, dass Kutsch eine Verbeamtun­g auf Lebenszeit anstrebt. Daher klagt Kutsch derzeit gegen das Landeshoch­schulgeset­z. In erster Instanz wurde die Klage bereits vom Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n abgewiesen. Allerdings hielten die Richter den Fall von grundsätzl­icher Rektor Werner Knapp (links) und der damalige Kanzler Gregor Kutsch.

Bedeutung und ließen eine Sprungrevi­sion zu. So könnte der Fall nun direkt vor dem Bundesverw­altungsger­icht landen.

Das ganze Verfahren scheint auch das Verhältnis zur PH belastet zu haben. Eine ursprüngli­ch geplante feierliche Verabschie­dung von Kutsch fand nicht statt. Die wird Rektor Werner Knapp mit Sicherheit bekommen. Noch im September hatte der 64-Jährige im SZ-Gespräch angekündig­t, er werde erneut für den Posten des Rektors kandidiere­n. Doch weil er sich seiner Wiederwahl wohl nicht sicher war und Sorge vor Prestigeve­rlust hatte, zog er seine Kandidatur wenige Tage vor der Wahl im November zurück. Damit verblieb eine einzige Kandidatin – Manuela Pietraß von der Bundeswehr­universitä­t München –, die letztlich von Hochschulr­at und Senat gewählt wurde. Wann sie ihr neues Amt antritt, ist bislang noch unklar. Bis dahin wird wohl Knapp die Geschäfte weiterführ­en, der offiziell eigentlich am 8. Februar 2018 ausscheide­t.

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FOTO: DPA/ANTONIO SCARPI/123RF.COM ARCHIVFOTO: LINSENMAIE­R

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