Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Das Augenzwinkern der Hanna Kolb
Trotz der Sprint-Absage in Oberstdorf knackt die Allgäuerin die Olympianorm
OBERSTDORF - Es regnete, es donnerte, es stürmte, es war ein – pardon – Sch...wetter, gefährlich überdies. Ein Wetter, das Oberstdorf schlicht nicht verdient hatte für die vierte Etappe der Tour de Ski 2017/18. Die endete, ehe sie richtig begonnen hatte: Nach dem Prolog der Langläuferinnen gab es die Absage für die Klassik-Sprintrennen über 1,2 Kilometer. Verständlich: Hatte sich der Spaßfaktor für die 55 Starterinnen doch in engen Genzen gehalten angesichts Sturmtief „Burglind“im Langlaufstadion im Ried. Ausnahme: Hanna Kolb vom TSV Buchenberg. Die 26Jährige kam nach 2:44,74 Minuten ins Ziel, mit der zwölftbesten Zeit – und mit einem, ja: schelmischen, Augenzwinkern. Als habe sie eine Vorahnung ...
Gewissheit war das Ganze dann gut eine Stunde später: „Wir werden“, sagte Andreas Schlütter, der Sportliche Leiter Langlauf im Deutschen Skiverband (DSV), „sie dem DOSB definitiv zur Nominierung vorschlagen.“Will heißen: Der DSV hatte seine Schlüsse aus der Tatsache gezogen, dass das Resultat des Prologs zwar nicht in die Tour-de-SkiWertung einging, sehr wohl aber FIS-Punkte vergeben wurden. „Ein richtiger Wettbewerb“, so Andreas Schlütter, sei das gewesen, bei dem Hanna Kolb einen Top-15-Platz erreicht habe. Den zweiten nach Rang zehn im Freistil-Sprint von Lenzerheide vergangenen Samstag. Olympianorm erfüllt, Pyeongchang-Ticket gelöst – vorbehaltlich des „Ja“durch die Zuständigen im Deutschen Olympischen Sportbund. Das aber ist bei allen von einem Fachverband vorgeschlagenen Athleten vonnöten, ist eine Formalie.
Für Hanna Kolb wären es die dritten Winterspiele nach Whistler 2010 und Sotschi 2014, viermal vertrat sie die deutschen Farben als WM-Starterin. Der Sprint ist ihre Disziplin, im Sprint war sie 2012 U23-Weltmeisterin, im Sprint debütierte sie Ende 2009 im Weltcup (und überraschte als Elfte von Düsseldorf), im Sprint ist für Hanna Kolb das beste Weltcup-Resultat ihrer bisherigen Karriere notiert: Platz vier im Schweizer Val Müstair, an Neujahr 2013.
In Stuttgart geboren
Alles im freien Stil. Und doch waren die Hoffnungen groß für Mittwochnachmittag, klassisch: vertrautes Terrain, ansteigende Form, Familie und Freunde unter den 900 Unentwegten. Und das Wissen im Hinterkopf, dass im Falle eines Falles zwei weitere Chancen blieben: Dresden (ein Freistil-Sprint) am 13. und Planica (ein Klassik-Sprint) am 20. Januar.
„Das war mein bester Wettkampf seit langem“, hatte Hanna Kolb zuletzt in Lenzerheide gesagt, wo sie im direkten Duell immerhin Heidi Weng aus Norwegen bezwungen hatte. Jetzt lief sie allein gegen die Uhr – und gegen „Burglind“. Ihr Sturm-Protokoll: „Nach dem Start ging es mal richtig zur Sache, aber in meinen drei Minuten war es einigermaßen okay. Es war nass, aber nicht gar so schlimm.“Die gebürtige Stuttgarterin wusste das zu nutzen. Dann wurde es schlimm, der Abbruch war ohne Alternative; mit ihm kamen die ersten Spekulationen, „dass so ein Ergebnis auch zählen kann“. Hanna Kolbs Reaktion? Konjunktiv: „Für mich wär’ das natürlich genial ...“
Es i-s-t genial. Und ein zweites Zwinkern wert. Mindestens.