Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Dreikönigshexanacht
Manchmal landet man im falschen Film. So nachts an Dreikönig im Dorf K. Dieses hat einen Narrenverein, der fast jedes Jahr mit einem Event den Belagerungszustand ausruft: diesmal die „Hexanacht“ausgerechnet an Dreikönig, wo viele Leute gerne irgendwo auf dem Land gemütlich einkehren. Bei dem Wort kommt man schon mal ins Grübeln, ob das nur Schwäbisch ist oder sogar einen Sinn hat – so wie Hexagramm, mit der Sechs, der Teufelszahl? Na ja. Das Schild mit der Ankündigung des Events stand einen Tag vorher am Dorfeingang, allerdings an der anderen Seite. Es ist gegen 22 Uhr, in Riedhausen Durchfahrtsverbot nach K. und Umleitung über Pfrungen, über eine schmale Straße ohne Nummer durch das stockdunkle Naturschutzgebiet Pfrunger Ried. Andere Pkws fahren trotz Schild geradeaus weiter Richtung K. schließlich ist dies die L 288, direkte Verbindung zwischen Ravensburg und Ostrach.
Man kommt also nichts ahnend von Riedhausen her, es herrscht dichter Nebel, dafür sind die Hexa natürlich nicht verantwortlich. Am Ortseingang Vollsperrung, zwei in Warnkluft lehnen mit dem Rücken zur Straße über den Schildern. Auf das „Ich wohne hier und will da durch“kommt die Auskunft „Da ha- ben die Hexa Glasscherben gestreut, damit keiner durchfährt, aber wenn Sie fahren wollen und Ihre Reifen kaputt sind, übernehmen wir keine Verantwortung“. Der Mund klappt nur langsam zu, vor allem bei dem weiteren Spruch, man solle sich beim „Narrenpräsidenten“– so was hat in Zeiten ganz anderer durchgeknallter Präsidenten einen besonderen Klang! – erkundigen oder beschweren. Ja, was denn noch? Am nächsten Arbeitstag im Rathaus und schriftlich?
Also: an ein paar in den Straßenrain pinkelnden Hexas vorbei – sonst ist vom Event radibuzz nix zu sehen – zurück nach Riedhausen und den Umleitungsschildern nach, fünf Kilometer über besagte schmale Straße, deren Begrenzung sich durch die im Nebelleuchtenlicht hellen Birkenstämme – eine der wenigen noch nicht von der Motorsäge bedrohten Alleen – erkennen lässt, nach Pfrungen, über Waldbeuren nach Spöck und wieder nach Ostrach zurück, macht 20 Kilometer. Dort ist an der Hauptkreuzung wieder ein Durchfahrtsverbot nach K. Nun reicht’s aber! Null Toleranz: wir fahren weiter. Und siehe da – vier Kilometer ohne Probleme, das Dorf liegt in tiefem Schweigen, von Event keine Spur, alles völlig ruhig, keine Glasscherben. Ein dreister Spuk zur Verblödung der Autofahrer – oder was oder wie? Na denn, Prost Neujahr!