Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Dreikönigs­hexanacht

- Von Dorothee L. Schaefer

Manchmal landet man im falschen Film. So nachts an Dreikönig im Dorf K. Dieses hat einen Narrenvere­in, der fast jedes Jahr mit einem Event den Belagerung­szustand ausruft: diesmal die „Hexanacht“ausgerechn­et an Dreikönig, wo viele Leute gerne irgendwo auf dem Land gemütlich einkehren. Bei dem Wort kommt man schon mal ins Grübeln, ob das nur Schwäbisch ist oder sogar einen Sinn hat – so wie Hexagramm, mit der Sechs, der Teufelszah­l? Na ja. Das Schild mit der Ankündigun­g des Events stand einen Tag vorher am Dorfeingan­g, allerdings an der anderen Seite. Es ist gegen 22 Uhr, in Riedhausen Durchfahrt­sverbot nach K. und Umleitung über Pfrungen, über eine schmale Straße ohne Nummer durch das stockdunkl­e Naturschut­zgebiet Pfrunger Ried. Andere Pkws fahren trotz Schild geradeaus weiter Richtung K. schließlic­h ist dies die L 288, direkte Verbindung zwischen Ravensburg und Ostrach.

Man kommt also nichts ahnend von Riedhausen her, es herrscht dichter Nebel, dafür sind die Hexa natürlich nicht verantwort­lich. Am Ortseingan­g Vollsperru­ng, zwei in Warnkluft lehnen mit dem Rücken zur Straße über den Schildern. Auf das „Ich wohne hier und will da durch“kommt die Auskunft „Da ha- ben die Hexa Glasscherb­en gestreut, damit keiner durchfährt, aber wenn Sie fahren wollen und Ihre Reifen kaputt sind, übernehmen wir keine Verantwort­ung“. Der Mund klappt nur langsam zu, vor allem bei dem weiteren Spruch, man solle sich beim „Narrenpräs­identen“– so was hat in Zeiten ganz anderer durchgekna­llter Präsidente­n einen besonderen Klang! – erkundigen oder beschweren. Ja, was denn noch? Am nächsten Arbeitstag im Rathaus und schriftlic­h?

Also: an ein paar in den Straßenrai­n pinkelnden Hexas vorbei – sonst ist vom Event radibuzz nix zu sehen – zurück nach Riedhausen und den Umleitungs­schildern nach, fünf Kilometer über besagte schmale Straße, deren Begrenzung sich durch die im Nebelleuch­tenlicht hellen Birkenstäm­me – eine der wenigen noch nicht von der Motorsäge bedrohten Alleen – erkennen lässt, nach Pfrungen, über Waldbeuren nach Spöck und wieder nach Ostrach zurück, macht 20 Kilometer. Dort ist an der Hauptkreuz­ung wieder ein Durchfahrt­sverbot nach K. Nun reicht’s aber! Null Toleranz: wir fahren weiter. Und siehe da – vier Kilometer ohne Probleme, das Dorf liegt in tiefem Schweigen, von Event keine Spur, alles völlig ruhig, keine Glasscherb­en. Ein dreister Spuk zur Verblödung der Autofahrer – oder was oder wie? Na denn, Prost Neujahr!

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