Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Was lange währt, wird endlich gut
Die Agon-Theaterproduktion gastiert mit „Ein brillanter Mord“im Konzerthaus
RAVENSBURG - Geruhsam ist der Thriller „Ein brillanter Mord“von James Cawood am Donnerstagabend im Konzerthaus an den Start gegangen. In einem Bühnenbild, das Miss Marple und Hercule Poirot alle Ehre gemacht hätte. Zur Sache kam das Ensemble der Münchner AgonTheaterproduktion kurz vor der Pause. Die Spannung um das Verwirrspiel, wer welche Tat begangen hat, hielt – nicht ohne komödiantischen Witz.
Der Wind pfeift um das einsame Landhotel in den Bergen, in dem sich die neuen Besitzer Olivia und Robert Chappell eingerichtet haben. In der antiquiert gehaltenen Hotellobby mit gediegenen Ledersesseln am Kamin haben sie ihre erste Saison erfolgreich hinter sich gebracht und wollen sich jetzt erholen. Man spürt die Kälte draußen und lehnt sich gemütlich zurück in der frohen Erwartung auf einen spannungsvollen schauerlichen Thriller. Inszeniert hat das Stück Stefan Zimmermann, der seit 2005 für das „a.gon München. Theater aus Leidenschaft“verantwortlich zeichnet und sich auf Gastspiele in Deutschland, Österreich und der Schweiz konzentriert.
Die erste Hälfte des Abends bestritten Ursula Buschhorn als Olivia und Stefan Rehberg als Robert. Sie haben gerade erst geheiratet, doch schnell wird klar, irgendwie passen sie nicht zusammen. Trotz aller Bemühungen, noch einen warmen Tee zu trinken, um dann zu Whiskey und Gin überzugehen, finden sie nicht wirklich zueinander. Einmal klingelt das Telefon, doch niemand meldet sich. Dann wieder knackt es verdächtig draußen, doch es ist nur ein Ast.
Es zieht sich – selbst noch als der flotte jugendliche Ramsay (Marcus Widmann) als unerwarteter Gast aus den Bergen hereinschneit. Immerhin, er bringt das beschauliche Dasein etwas durcheinander mit seiner Geschichte des vom Wetterwechsel Überraschten, der um ein Zimmer bittet, besser: sich dreist einnistet, was noch eine gewisse Komik auslöst. Bei Olivia allerdings leichte Panik, ist sie es doch, die nichts Gutes ahnt. Ihm seine Geschichte nicht glaubt und hysterisch wird.
Aus väterlichem Ehemann wird skrupelloser Haudegen
Ramsay gaukelt ihr vor, der Sohn aus gutem Adelshaus zu sein. Dessen Vater von Sam Stone (Michel Guillaume) um ein wertvolles Erbstück, eine Halskette der französischen Trikolore, erleichtert und dann ermordet wurde. Dass auch diese Geschichte frei erfunden ist, offenbart sich gegen Ende. Dass Olivias Mann Robert in Wahrheit der Bruder von Sam ist und Sam der Ex-Freund von Olivia, mit dem sie in der Vergangenheit gemeinsames Spiel gemacht hat, klärt sich auch.
Für echte Spannung sorgt der abrupte Szenenwechsel, wenn aus dem väterlichen Ehemann der skrupellose Haudegen Bob Stone wird. Da blüht Stefan Rehberg auf, schier befreit von dem so-tun-als-ob. Hämisch freut sich das Brüderpaar, wie es Olivia geleimt hat, die wiederum jetzt auch die Tonart wechselt und ihr wahres Gesicht zeigt. „Ich hatte auf der Bühne noch nie einen richtigen Krimi gespielt, und ich konnte es mir anfangs auch nicht richtig vorstellen“, sagt sie über die einfachen, ehrlichen und puren Momente, die sie bei den versammelten Kleinganoven gefunden habe. Von Menschen mit ihren Gefühlen, Freuden und Ängsten spricht sie, nur dass es dem Stück besonders im ersten Akt an emotionalem Schwung fehlt.
Der erste Mord an Ramsay bietet einiges an Dramatik, wenn Sam zur Terrassentür herein stürmt und die Schlinge zuzieht. Auch der Bluff, wenn Sam abdrückt und Robert auf dem Sofa zusammensackt. In der Pistole sind Platzpatronen, sodass Olivia die Angeschmierte ist, der noch rechtzeitig einfällt, um ihren Mann zu trauern. Man könnte darin eine gewisse Komik auf den biederen KrimiErnst erkennen mögen. Verbale Schlagabtäusche zwischen Olivia und Sam, der vorgibt, sein „Schnuffelnäschen“immer noch zu lieben, doch in Wirklichkeit nur den Diamanten will, nehmen viel Platz ein.
Für Spannung sorgt am Schluss das Aufeinandertreffen von Olivia und dem wiederauferstandenen Ramsay. Da geht man ihm beinahe selbst auf den Leim und glaubt ihm seinen Wiedergutmachungswillen am ehrenwerten Vater. Doch weit gefehlt. Der eigentliche Gag dieser Story ist, dass alle vier Akteure Dreck am Stecken haben, obwohl alle beteuern, nur das Beste zu wollen.