Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Auf der Suche nach dem Haifischza­hn

Elmar Unger aus Aulendorf gräbt seit 40 Jahren in der geologisch­en Vergangenh­eit

- Von Claudia Buchmüller

AULENDORF - „Ich habe größten Respekt vor der Natur und freue mich, wenn ich mit meiner Arbeit einen Beitrag zur Erforschun­g der Evolution beitragen kann“, erklärt Elmar Unger aus Aulendorf (Jahrgang 1951) bescheiden, auch wenn sein Name in unzähligen Publikatio­nen und Dokumentat­ionen genannt wird.

In mehreren wissenscha­ftlichen Büchern wird Unger mit seinen bedeutende­n Funden als Co-Autor erwähnt. Mit dem „Synechodus Ungeri“wurde sogar eine Haifischar­t nach ihm benannt. All seine Fundstücke, die teilweise etwa 155 Millionen Jahre alt sind, hat er akribisch sortiert.

Schon seit er denken kann, hat sich der Aulendorfe­r für die geologisch­e Vergangenh­eit interessie­rt. Als Student auf der Fahrt nach Tübingen hatte er stets ein Hämmerchen zum Abbau von Gestein im Auto und jegliche Baugrube am Straßenran­d zog ihn magisch an. Damals galt sein Interesse noch den Ammoniten, versteiner­ten, schneckenf­örmigen Zeugen der Vergangenh­eit. Die Leidenscha­ft für das Sammeln von Haifischzä­hnen begann mit einem Bericht in der „Schwäbisch­en Zeitung“, in der im Frühjahr 1979 von Haifischza­hn-Funden in einer Sandgrube in Ursendorf bei Saulgau berichtet wurde.

Familie sucht gemeinsam

„Da bin ich hingefahre­n, habe tatsächlic­h die ersten Zähne gefunden und von diesem Moment an war ich infiziert“, lacht Unger. Diese Meeressand­e, die vor 18 Millionen Jahren entstanden und auch für die neuzeitlic­he Glasgewinn­ung abgebaut werden, hätten ihn unglaublic­h fasziniert, bestätigt er rückblicke­nd. Dass dann auch seine Frau Christiane diese Leidenscha­ft geteilt und sein Hobby in unzähligen Familien-Wochenende­n in der Sandgrube mitgetrage­n und fototechni­sch dokumentie­rt habe, sei sein größtes Glück gewesen.

„Für die Kinder war das ein Paradies“, erinnert sich seine Frau, „ausgestatt­et mit Gummistief­eln und Matschhose­n gab es nichts Schöneres, als mit kleinen Holzsieben ausgerüste­t bei der Suche nach Fossilien mitzuhelfe­n oder schlichtwe­g mit Playmobilf­iguren in der Sand-Wasserland­schaft dem kindlichen Spieltrieb nachzugehe­n.“

Mehr als ein Jahrzehnt lang war die Grube in Walbertswe­iler (Kreis Sigmaringe­n) die zweite Heimat der Familie, genehmigt von der Ortsverwal­tung hatte die Familie unbegrenzt­en Zugang zur Fundstelle. In den vergangene­n Jahrzehnte­n hat Unger an einer Stelle in Baden-Württember­g rund 2,5 Kubikmeter Jura-Märgel abgetragen, gesiebt und in rund 30 000 Stunden am Mikroskop Zähne ausgelesen. Die Funde, des HobbyPaläo­ntologen – Paläontolo­gie ist die Wissenscha­ft von Lebewesen der geologisch­en Vergangenh­eit – reichen vom handteller­großen bis zum „muckenschi­sskleinen“Haifischza­hn, der erst unter vielfacher Vergrößeru­ng unter dem Binokular zu erkennen ist, über Skeletttei­le von Rhinozerus, Tapir und vielen weiteren Tieren.

Allein in Walbertswe­iler konnte Unger über 50 verschiede­ne Hai- und Rochenarte­n nachweisen. Eine europaweit­e Sensation, bis heute einzigarti­g und zu Recht sein ganzer Stolz, ist der Fund einer äußerst seltenen Grauhaiart.

 ?? FOTO: CLAUDIA BUCHMÜLLER ?? Der Aulendorfe­r Haifischza­hnexperte Elmar Unger hält den Kiefer eines Riffhaies in der Hand. An der Wand sieht man seinen seltensten und europaweit einzigen Fund eines Paraheptra­nchias repens.
FOTO: CLAUDIA BUCHMÜLLER Der Aulendorfe­r Haifischza­hnexperte Elmar Unger hält den Kiefer eines Riffhaies in der Hand. An der Wand sieht man seinen seltensten und europaweit einzigen Fund eines Paraheptra­nchias repens.

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