Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Die jungen Leute haben uns nochmal gefordert“
Heinz-Wilhelm Ortmann schaut DHBW-Studenten bei Klausuren auf die Finger und kassiert Spickzettel ein
RAVENSBURG (sz) - Elf Jahre lang ist Heinz-Wilhelm Ortmann Klausuraufsicht an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Ravensburg gewesen. Wenn
Not am Mann ist, springt der 78-Jährige auch heute noch ein. Insgesamt tun rund 60 Klausuraufsichten an den DHBW-Campus in Ravensburg und in Friedrichshafen ihren Dienst.
Nachdem er 30 Jahre lang als Ausbildungsberater bei der IHK gearbeitet hat, kannte Ortmann die DHBW Ravensburg auch ganz gut. Vor zwölf Jahren bekam er dann einen Anruf, er sei doch jetzt Rentner und habe Zeit, um an der Dualen Hochschule Klausuraufsicht zu machen. „Damit war es mit dem Rentnerdasein erstmal vorbei“, erinnert er sich lächelnd. So ein Tag als Klausuraufsicht kann nämlich schon mal von 8 bis 18 Uhr dauern – wenn es nämlich vier Klausuren hintereinander sind. Das heißt um sechs Uhr aufstehen. Trotzdem ließ Ortmann sich nicht abschrecken – nach einigen Jahren kam seine Frau Ingrid sogar auch noch dazu und übernahm Klausuraufsichten.
Bereut haben die beiden ihre Entscheidung nie. „Im Gegenteil, ich bin dankbar dafür, denn die jungen Leute haben uns nochmal gefordert“, sagt Heinz-Wilhelm Ortmann. Das Ehepaar musste sich auf die Studenten einstellen, „und das hat auch unser Denken und Verhalten beeinflusst“, wie sie sagen. Interessant war es für den ehemaligen IHK-Berater darüber hinaus, auf diesem Wege einiges über die Betriebe zu erfahren – schließlich hat die DHBW jede Menge Partnerunternehmen in der freien Wirtschaft.
Klar habe er den Studenten hin und wieder auch mal einige Spickzettel abgenommen, gesteht Ortmann: „Die habe ich mir dann angeschaut und sie den jungen Leuten am Ende wieder zurückgegeben.“Die Arbeit abnehmen musste er allerdings nur einmal einer Studentin. Sie war ewig lange auf der Toilette verschwunden und Ingrid Ortmann hat die junge Dame dann dabei erwischt, wie sie auf der Toilette ausgiebig die Unterlagen studiert hat.
Generell erlebten die Ortmanns die DHBW-Studenten aber als sehr fleißig. „Ich hatte immer den Eindruck, die haben gelernt“, so HeinzWilhelm Ortmann. Zu seinen Aufgaben gehörte auch, den jungen Leuten vor einer Klausur Handys und inzwischen auch Armbanduhren abzunehmen. „Manchmal“, erinnert sich das Ehepaar, „sind bei den Klausuren auch Tränen geflossen, da mussten wir Trost spenden und auch mal ein Tempo bereithalten“.
Viele Studenten haben Orthmanns auf diese Weise drei Jahre lang durch die Klausurphasen begleitet. Da kam es nicht selten vor, dass man sich am Ende per Handschlag verabschiedet hat. So mancher hat den beiden Aufsichten zum Abschied auch noch Schokolade geschenkt. Teil 5
„Bei den Klausuren sind auch Tränen geflossen, da mussten wir Trost spenden und auch mal ein Tempo bereithalten.“
Heinz-Wilhelm und Ingrid Ortmann Alle Teile der DHBWSerie sind unter www.schwaebische.de/ dhbw-ravensburg zu finden.