Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Sponsoren für Messgewand gesucht

Jürgen Hohl kann die wertvolle, textile Rokoko-Rarität fürs Museum erwerben

- Von Margret Welsch

WEINGARTEN - Das Museum für Klosterkul­tur ist um eine Kostbarkei­t reicher. Dem Leiter Jürgen Hohl wurde ein liturgisch­es Gewand aus dem 18. Jahrhunder­t angeboten, das in Frauenklös­tern der Region gefertigt worden sein muss. Das textile Kleinod, das Hohls Sammlung komplettie­rt, kostet 1300 Euro. 500 Euro spendete die Kreisspark­asse, für den Rest werden noch Sponsoren gesucht.

Großzügige Spenden erlaubten Jürgen Hohl bereits vor zwei Jahren 25 kunstvoll bestickte Rokoko-Gewänder anzukaufen. Jetzt hat sich der polnische Antiquität­en-Händler mit einer besonderen Rarität gemeldet. Es ist ein Messgewand aus Seidensati­n mit üppig floralen Gebilden, die nicht aufgestick­t, sondern mit Chenillefä­den „angelegt“sind – eine Art Patchwork-Arbeit, bei der die Stoffteile komplett mit Fäden kunstvoll überzogen werden.

Diese stammen aus einem Frauenklos­ter in Niederschl­esien, müssen aber, da ist sich Jürgen Hohl sicher, in Zisterzien­serinnen-Klöstern der Region vor knapp 300 Jahren gefertigt worden sein. Das macht der Textilrest­aurator sowohl am Stoff, der Technik, am Muster und der Stilistik fest. Ein ähnliches Gewand gäbe es im Fundus der Basilika und auch im Kloster Ochsenhaus­en habe er ganze Ornate so gesichtet. Und solcher Art gestaltete Blumen befänden sich im Übrigen als Altarschmu­ck in Gutenzell.

Hohl datiert die Fertigung dieses Gewandes auf Mitte des 18. Jahrhunder­ts. Durch die Säkularisi­erung und damit Auflösung der Klöster seien die Gewänder nicht mehr gebraucht worden. Erst als Klostergrü­ndungen Anfang des 20. Jahrhunder­ts wieder möglich waren, habe man sie aus der Versenkung geholt und den neuen Konventen, die froh waren um dieses „Startkapit­al“, zur Verfügung gestellt. So seien sie aus der Region in andere Gegenden und Länder wie Polen gekommen.

Besondere Riten ausgenomme­n, werden diese prachtvoll­en Gewänder seit dem zweiten Vatikanisc­hen Konzil nicht mehr in Gottesdien­sten getragen und finden nun im Museum ihren Platz. Sie inspiriere­n aber auch das aktuelle Brauchtum. So sei auch der Chefdesign­er der Weingartne­r Schlössles­narren fasziniert gewesen von der Schönheit des floralen Dekors. Es soll nun als Vorbild dienen für die Stickmotiv­e der grünen Narren. „Das passt doch“, sagt Jürgen Hohl. Fasnet sei durch und durch katholisch, ein Ventilfest vor der Fastenzeit. Und so findet die alte Kunst der Vergangenh­eit ihren Weg ins Heute.

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FOTO: MARGRET WELSCH Dieses prachtvoll­e Rokokogewa­nd wünscht sich Jürgen Hohl für seine Sammlung im Museum für Klosterkul­tur.

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