Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Energiewende soll unbürokratisch gestaltet werden
Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben stellt Forderungen
WEINGARTEN - Die Komplexi(sz) tät und die Anforderungen im Energiebereich haben für die Unternehmen in den vergangenen Jahren zugenommen. Die Einführung des Marktstammdatenregisters sorgt nun für weitere Verunsicherungen und Mehraufwand für die Unternehmen. Bei der Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben häufen sich die Anfragen besorgter Unternehmen. Daher fordert die IHK nun laut einer Pressemitteilung eine Vereinfachung der bürokratischen Hürden.
In welchem Register muss meine Eigenerzeugungsanlage gemeldet werden? Hat eine Umfirmierung Konsequenzen für die EEG-UmlageBelastung meiner Anlage und welche weiteren Meldepflichten gibt es? „Eigentlich soll die Energieversorgung laut Energiewirtschaftsgesetz möglichst sicher, preisgünstig, verbraucherfreundlich, effizient und umweltverträglich sein. In puncto Energieerzeugung erleben wir aber, dass bürokratische Hürden und rechtliche Unsicherheiten im Vordergrund stehen“, sagt Peter Jany, Hauptgeschäftsführer der IHK.
Das neue Marktstammdatenregister, das auf der Grundlage des Energiewirtschaftsgesetzes nach Paragraph 111 eingeführt wird und ab Sommer 2018 umgesetzt werden soll, steigert den bürokratischen Aufwand nochmals erheblich und ist nach Einschätzung der IHK ohne wirklichen Mehrwert. Das neue Register hat zum Ziel, dass alle Betreiber von Stromerzeugungsanlagen, Netzen und Speichern sowie alle Stromlieferanten zentral bei der Bundesnetzagentur erfasst werden. Grundsätzlich geht es darum, die Verteilung des Stroms besser nachvollziehen zu können, um im Zuge der Energiewende die Netzstabilität aufrechtzuerhalten. „Ein durchaus sinnvolles und nachvollziehbares Anliegen. Bei der tatsächlichen Umsetzung wurde aber dieses Ziel aus den Augen verloren und stattdessen ein bürokratisches Instrument geschaffen, das undifferenziert Datenmengen aufnimmt“, so Jany. So müssen sich fortan Unternehmen als Stromlieferant eintragen, wenn sie eine Stromerzeugungsanlage mit selbst genutztem Strom auf dem Gelände haben und zum Bei-spiel eine fremdbewirtschaftete Kantine, die strombetriebene Küchengeräte einsetzt. Unternehmen, die eine Erzeugungsanlage betreiben – egal ob eine Kraft-WärmeKopplungsanlage oder Photovoltaikanlage –, müssen künftig darauf achten, ob sie damit selbst zum Stromlieferanten werden. Auch nur temporäre Stromlieferungen müssen laut Gesetz gemeldet werden, die zum Beispiel anfallen, wenn Bauarbeiten durch Fremdfirmen auf dem Gelände stattfinden oder auch bei der Betankung eines E-Fahrzeugs, das nicht zum Unternehmen gehört.
„Das ist weder sinnvoll, zumutbar noch vermittelbar. Die Meldeflut wäre enorm. Plötzlich gäbe es Tausende Stromlieferanten mehr – die ja eigentlich keine sind. Hier muss vom Gesetzgeber nachgebessert werden. Wir als IHK fordern deshalb die Einführung einer großzügigen Bagatellgrenze. Und zwar nicht erst in ein paar Jahren, sondern bestenfalls im Zuge der Einführung des Marktstammdatenregisters“, so Jany.
Damit der Blick auf das Wesentliche, die Umsetzung von wirtschaftlichen Energieeinsparungsmaßnahmen, nicht verloren geht, müssen Meldepflichten und rechtliche Rahmenbedingungen für die Unternehmen durchschaubar bleiben, so die IHK zur Begründung ihrer Forderung. Man dürfe den guten Willen der Unternehmen, an der Energiewende aktiv mitzuarbeiten, nicht durch solche Maßnahmen unnötig aufs Spiel setzen.