Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Anna-Maria Wagner gewinnt Gold
Judoka des KJC Ravensburg ist erneut Deutsche Meisterin.
STUTTGART - Anna-Maria Wagner vom KJC Ravensburg hat ihrer Titelsammlung einen weiteren hinzugefügt. Am Samstag gewann die 21-Jährige in der Stuttgarter Scharrena die Deutsche Meisterschaft im Judo in der Gewichtsklasse bis 78 Kilogramm.
„Am Morgen war ich schon nervös“, sagte Wagner am Abend nach ihrem Finalsieg gegen ihre württembergische Kaderkollegin Julie Hölterhoff vom KSV Esslingen. In der Halle ließ sich Wagner ihre Nervosität aber überhaupt nicht anmerken. Dabei hätte sie Gelegenheiten dazu gehabt.
Denn bevor Anna-Maria Wagner das erste Mal auf die Matte durfte, musste sie sich in Geduld üben. Da die Ravensburgerin in der ersten Runde ein Freilos hatte, musste sie zunächst zuschauen, wie sich die Konkurrenz schlug. Luise Malzahn vom SV Halle, in Rio de Janeiro Olympia-Fünfte und damit in Stuttgart eine Titelanwärterin, musste gleich im ersten Kampf der Klasse bis 78 Kilogramm ran. Die Aufgabe gegen Regina Schneider löste Malzahn souverän.
Entspannt auf der Tribüne
Auch Julie Hölterhoff aus Esslingen, später etwas überraschend die Finalgegnerin von Wagner, gewann in der ersten Runde klar. Das alles verfolgte Wagner äußerlich entspannt mit Kopfhörern auf den Ohren auf der Sportlertribüne. Auf drei Matten wurde in der Scharrrena direkt beim Stuttgarter Fußballstadion gekämpft. In der zweiten Runde traf Wagner nach einiger Zeit des Wartens auf Lea Folkerts – schon nach 1:23 Minuten hatte sich die amtierende U-23Europameisterin des KJC Ravensburg das Weiterkommen gesichert. Ihre vor der Deutschen Meisterschaft als Hauptkonkurrentinnen gehandelten Malzahn (16 Sekunden) und Maike Ziech (46 Sekunden) hatten in der zweiten Runde ebenfalls keine Probleme.
In der dritten Runde folgte aber die Überraschung: Malzahn unterlag der Lokalmatadorin Hölterhoff nach drei Minuten Kampfzeit. „Das zeigt, wie schön, aber auch brutal unsere Sportart sein kann“, meinte Wagner. „Hast du nicht deinen besten Tag, ist eben auch für eine große Favoritin wie sie mal früh Schluss.“Wagner verfolgte das Aus der Favoritin weiterhin locker, sie lachte viel – und setzte sich kurz darauf bereits nach 30 Sekunden gegen Ileana Böttcher durch. Während es für Malzahn in die Trostrunde ging, stand Wagner im Halbfinale.
Dort traf die 21-Jährige aus Ravensburg, die in Stuttgart lebt und trainiert, auf Ziech. Die Bundesligakämpferin der TSG Backnang – damit Teamkollegin von Wagner – brauchte in ihrem Viertelfinale sogar nur 17 Sekunden fürs Weiterkommen.
Erster Sieg gegen Maike Ziech
Es stand also ein spannendes Duell im Halbfinale bevor. Zunächst setzte sich Hölterhoff gegen Teresa Zenker durch, ehe Wagner und Ziech auf die Matte gerufen wurden. Es wurde der erwartet spannende Kampf – mit leichten Vorteilen für Wagner. Kurz vor Ablauf der vierminütigen Kampfzeit sorgte die Ravensburgerin für die entscheidende Aktion. „Ich freue mich total, denn ich hatte noch nie gegen sie gewonnen.“
Dann hieß es wieder warten. Zunächst mussten in den übrigen Gewichtsklassen die Finalteilnehmer und Trostrundengewinner ermittelt werden. Anna-Maria Wagner machte es sich wieder auf der Tribüne gemütlich, holte sich ein Brötchen und sprach mit ihrer KJC-Heimtrainerin Christa Hoffmann sowie ihren Eltern. Und die Titelverteidigerin musste sich umziehen. Dreimal hatte sie im weißen Anzug gewonnen, im Finale war Hölterhoff jedoch die Erstgenannte – Wagner musste daher in ihren blauen Anzug schlüpfen.
Das war jedoch nur eine Notiz am Rande. Einen Unterschied machte das an diesem Erfolgstag der Ravensburgerin überhaupt nicht. Auch im Kampf um die Goldmedaille war Wagner die aktivere Judoka. Unter den Augen der mehr als 1000 Zuschauer, darunter der amtierende Weltmeister in der Klasse bis 81 Kilogramm, Alexander Wieczerzak, sicherte sich Wagner mit einem schönen Wurf die Goldmedaille. Kurz ballte sie die Faust, dann ging sie ruhig von der Matte, ehe sie Freunden und Familie in die Arme fiel. Da sah man dann doch noch die Anspannung, die von ihr abfiel und die sie den ganzen Tag über gut versteckt hatte.