Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Leitlinie: „Davor – dazwischen – dahinter“
Freiburger Gerhard Birkhofer eröffnet Ausstellung „Reflexionen“in der Kreissparkasse
RAVENSBURG - Bis heute üben Kunstwerke ihre Faszination aus, die mit optischen Irritationen spielen. Die Blicke ziehen sie an, verändern sich Farben und Formen doch mit jeder Bewegung des Betrachters. Gerhard Birkhofer hat seiner Ausstellung, die er am Montagabend in der Kundenhalle der Kreissparkasse Ravensburg eröffnet hat, den Titel „Reflexionen“gegeben. So schlicht, wie das tönt, so komplex sind die Werkreihen.
„Vor 70 Jahren erblickte Gerhard Birkhofer in Ravensburg das Licht der Welt und – es ist kaum zu glauben – heute stellt er zum ersten Mal in seiner Geburtsstadt aus“, setzte Kunsthistorikerin Antje Lechleiter nach dem Grußwort von Heinz Pumpmeier zur ihrer Einführung an. Sie erläuterte die verschiedenen Werkreihen, die sich „Vibration“, „Ebenen“oder „Shadow“nennen. In stabilen, fast schon objekthaften Edelstahlrahmen präsentieren sie sich entlang der Wände. Mittig zeigt Gerhard Birkhofer kubenförmige Plastiken („Würfelklappungen“), die sich analog zu den Bildern mit dem Öffnen und Schließen von Raum auseinandersetzen. Allen diesen Werken sind geometrische Grundformen, insbesondere das Quadrat zu eigen. Diese wandeln sich optisch stets aufs Neue durch die Faktoren Licht, Bewegung, Zeit und als Grundvoraussetzung durch das von Birkhofer verwendete Material.
Ein Konkret-Konstruktiver sei er nicht. Ihm gehe es um den Illusionismus, den er mit den weißen, monochromen Strukturen mittels Ölfarbe auf der Leinwand und mehrfacher Überlagerung der Schichten erziele. Auf einen einfachen Nenner gebracht, stehen dafür die drei Begriffe „davor, dazwischen und dahinter“. Was sich anhand seiner neuen mit „Ebenen“betitelten Bilder vergleichsweise einfach nachvollziehen lässt, wird angesichts so ausdrucksstarker Werke wie „Spiegelreflexion“oder „Doppelreflexion“komplexer. Drei Schichten blauer und weißer Acrylfarbe sind auf die Vorder- und Rückseiten jeder einzelnen Plexiglaslamelle aufgetragen“, erklärt er wissbegierigen Besuchern. Dicht an dicht gesetzt, reflektieren Lamellen und Farben eine optische Illusion von mehr oder weniger gefüllten oder leer gelassenen Quadraten in einem fiktiven dreidimensionalen Raum. Das irritiert nicht nur, sondern fasziniert. Schaut man von der Seite hinein, entmaterialisieren sich die Stäbe zugunsten von Farbe und Licht.
Dass Gerhard Birkhofer, der 1947 in Ravensburg geboren wurde und seine frühe Kindheit auf St. Christina verbrachte, einer ist, der sich stets auf neue künstlerische Wege begibt, zeigen seine „Shadows“. Hier werde deutlich, so Antje Lechleiter, dass Geometrie für ihn kein Programm ist, sondern eine Sprache. Mittels dieser entstehen Bildräume, in denen Chaos und Ordnung nahtlos ineinandergreifen. Schwebend, fragil und transparent geben sich pastelltonige Quadrate in der Serie „Vibration“. Erzeugt durch den Einsatz von geschichteter Gaze. Erstaunlich seien die feinen Farbabstufungen innerhalb des Weiß, bekundeten unter anderem einstige Schüler von Birkhofer, der von 1981 bis 2012 am Institut der Künste der Pädagogischen Hochschule Freiburg lehrte und heute sein Atelier in Gottenheim bei Freiburg hat. Er ist ein offener, direkter und stets ansprechbarer Mensch in Sachen Kunst. Unpragmatisch und bodenständig.
Anpassung an Regeln widerspricht Lebensauffassung
Das „Davor – dazwischen – dahinter“erklärt er zur lebenslangen Leitlinie. Eine Anpassung an Regeln widerspreche seiner Lebensauffassung. In der Suche nach der Harmonie in der Ungleichheit der Dinge sieht er eine spannende Aufgabe. Eine Vision, an der ihn die Beziehung zwischen dem Sichtbaren und dem Denkbaren fasziniere. Wie im Falle der Serie „Farbreflexion“von 2017 aus Kunststoff mit fluoreszierendem und lumineszierendem Acryl. Konkret sind es in die verschiedensten Richtungen gespreizte Plättchen, deren Oberflächen zartfarbig schimmern. Ihr plastisches „Davor – dazwischen – dahinter“macht Birkhofers Leitlinie zum Greifen nah, und doch reicht alles Gesehene darüber hinaus.
Die Ausstellung „Reflexionen“von Gerhard Birkhofer in der Kundenhalle der Kreissparkasse Ravensburg, Meersburger Straße 1, dauert bis 8. März. Sie ist montags bis freitags von 9 bis 12.15 Uhr, montags, dienstags und freitags von 14 bis 16 Uhr und donnerstags von 14 bis 18 Uhr geöffnet.