Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wilder Weingartener Wald
Auch in der Welfenstadt wird gejagt – Allerdings gibt es wegen der vielen Freizeitaktivitäten kaum großes Wild
WEINGARTEN - Weingarten ist ja für vieles bekannt, aber sicherlich nicht für die Jagd. Doch was viele nicht wissen: Auch in Weingarten wird gejagt, es gibt gar eine Jagdgenossenschaft mit rund 100 Mitgliedern. Und auch das Jagdgebiet ist gar nicht so klein, wie man bei der engen Gemarkung erwarten könnte. Und dennoch ist der Tierbestand, und damit auch die vereinbarte Abschussquote, sehr gering. Hauptgrund dafür: der Mensch und seine vielen Freizeitaktivitäten.
Denn auch wenn sich das Jagdrevier bei einer Fläche von 1040 Hektar eigentlich über das gesamte Stadtgebiet erstreckt, so wird natürlich nur in den Wäldern rund um Nessenreben gejagt. Zusammen mit Wiesen und Freiflächen kommt man in Weingarten, laut Stadtverwaltung, auf eine bejagbare Fläche, also dort, wo tatsächlich gejagt werden kann, auf knapp 420 Hektar. Zwar gibt es in anderen Kommunen im Landkreis deutlich mehr Jagdfläche, doch für Weingarten ist das gar nicht so wenig. Doch die reine Fläche ist ohnehin nur bedingt entscheidend. Vielmehr komme es auf zusammenhängende Flächen an, die nicht ständig vom Menschen betreten werden. In Weingarten gibt es viele vereinzelte Abschnitte.
„Es ist keine kleine, aber eine äußerst schwierige
Jagd“, sagt Marijan Gogic, Leiter des Forstamtes im Ravensburger Landratsamt.
Denn letztlich geht es um Rückzugsorte für die Tiere, wo sie nicht vom Menschen gestört werden. Nun wird der Stadtwald in Weingarten aber regelmäßig von vielen Naturliebhabern besucht. Doch sind es nicht nur Spaziergänger und Wanderer, die sich in den Wäldern aufhalten. Denn in Weingarten werden im Wald viele Freizeitaktivitäten angeboten. So ist nicht nur die Grillstelle oberhalb vom Hofgut Nessenreben sehr beliebt. Auch Trimm-dich-Pfad und Mountainbike-Parcours locken zahlreiche Sportler in die Natur.
„Die größten Teile unserer bejagbaren Fläche unterliegen einer hohen Freizeitfrequentierung. Das ist, denke ich, die größte Herausforderung“, sagt Sylvia Burg von der Stadtverwaltung Weingarten. „Ob Jogger, Spaziergänger, Mountainbiker & Co: Bei so vielen Menschen fühlen sich große Tiere schlichtweg nicht wohl und suchen sich andere Lebensräume.“
Keine Rebhühner und Fasane
Daher sind in den Weingartener Wäldern eigentlich die Rehe und Rehböcke die größten Tiere. Rotwild, also eindrucksvolle Hirsche, leben laut Gogic nicht in Weingarten. Dafür gibt es wohl noch etwas Schwarzwild, also Wildschweine, die aber – nicht wie in anderen Regionen Deutschlands – kein Problem darstellen. Hinzu kommen Füchse, Hasen, Baummarder, Iltisse, Wiesel und Dachse. Fasane und Rebhühner kommen in Weingartens Wäldern nicht vor.
Das macht sich auch an der Zielvereinbarung bemerkbar, die bis zum 31. März 2020 gilt. Diese sieht zwei Böcke, eine Geiß oder ein Schmalreh und zwei Kitze vor.
Jäger als Wildtiermanager
Doch liegen die Hauptaufgaben des zuständigen Jägers in ganz anderen Bereichen. „Man könnte den Beruf des Jägers heute modern mit dem eines Wildmanagers und Wildtierpflegers vergleichen. Eine der Hauptaufgaben ist im Wesentlichen der Schutz, die Förderung und der Erhalt der artenreichen und gesunden freilebenden Tierwelt“, erklärt Burg. „Dazu gehören die
Sicherung der tierischen Lebensgrundlagen und die Bewahrung der biologischen Vielfalt. Natürlich wird der Jäger auch bei Wildschäden gerufen.“Darüber hinaus sei er während der Jagdsaison für die Verkehrssicherungspflicht der jagdlichen Einrichtungen verantwortlich und versuche speziell im Frühjahr Verbiss und Wildfraß vorzubeugen, so Burg.
Rund 100 Jagdgenossen
Ohnehin kümmert sich der Jäger nur im Auftrag der Jagdgenossenschaft um den Wald. Diese besteht aus rund 100 Jagdgenossen, von denen die meisten mit der Jagd an sich aber kaum etwas zutun haben, geschweige denn einen Jagdschein besitzen. Vielmehr sind sie Grundstückseigentümer, die sich zusammengeschlossen haben, um die Weingartener Jagd zu verwalten. Bei den Grundstücken handelt es sich sowohl um Privat-als auch städtischen Besitz .„ Inder Jagd genossen schafts versammlung werden die Entscheidungen getroffen, die die Jagd im Jagdbezirk betreffen“, sagt Burg.