Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Rücksicht und Nachsicht
Menschen mit einem Handicap sind darauf angewiesen, dass der öffentliche Nahverkehr sich auf ihre Bedürfnisse ganz besonders einstellt.
Gut, dass bis 2022 alle Haltestellen in Deutschland barrierefrei ausgebaut werden müssen. Im Schussental und Allgäu ist der Nachholbedarf groß, auch in Ravensburg gibt es noch viel zu tun. Die Stadt ist inzwischen aber auf einem guten Weg und hat begonnen, die wichtigsten Maßnahmen nach einer Prioritätenliste abzuarbeiten. 230 000 Euro sind dieses Jahr im Haushalt für die notwendigen Arbeiten vorgesehen. Lob gab es dafür vom Kreisbehindertenbeauftragten Torsten Hopperdietzel.
Wichtig für die Barrierefreiheit sind vor allem zwei Dinge: ein höherer Bordstein und Leitstreifen auf dem Boden, an denen sich Sehbehinderte orientieren können. Diese Streifen wiederum sorgen jetzt an mehreren Stellen in Ravensburg bei Radfahrern für Unmut, weil sie die Sinnhaftigkeit von für Räder rutschigen Streifen nicht erkennen wollen – im Fußgängerbereich wohlgemerkt. Da hilft bis auf Weiteres wohl nur Aufklärungsarbeit und etwas Nachsicht mit den Unwissenden.
Apropos Nachsicht: Die Redaktion haben in den vergangenen Wochen Beschwerden von zwei älteren Damen erreicht, die über rücksichtslose Busfahrer klagen. Besonders das Aussteigen werde regelmäßig zu einem Abenteuer mit ungewissem Ausgang. Diese Fälle gibt es, und jeder einzelne von ihnen ist für einen Menschen, der auf Hilfe angewiesen ist, ein besonders schmerzliches Erlebnis. Torsten Hopperdietzel attestiert aber auch hier den Gescholtenen, im Umgang viel dazugelernt zu haben. So hat der Landkreis Ravensburg Inklusionskonferenzen eingeführt. Als eine Konsequenz daraus gibt es jetzt spezielle Schulungen für Busfahrer, um diese für ihre schwächeren Fahrgäste besonders zu sensibilisieren. Es bewegt sich also etwas.
Eine weitere Erleichterung auf vielen Feldern ist die moderne Technik. Hörgeschädigte können sich beispielsweise jede angefahrene Haltestelle auf ihr Smartphone ansagen lassen. Das fehlt noch in vielen Bussen. Voraussetzung ist natürlich immer, dass die Technik auch funktioniert.
Bodo kämpft da gerade noch jenseits der Probleme von behinderten Menschen mit der Einführung der neuen elektronischen Karte. Eine Leidtragende ist unsere Kollegin A., die mit ihrem seit Wochen nicht korrekt arbeitenden Ticket regelmäßig einen Alarm im Bus auslöst und argwöhnische Blicke des Busfahrers und anderer Fahrgäste auf sich zieht. Keine angenehme Situation. Die vorgeschlagene Lösung von Bodo nach einer schriftlichen Beschwerde: „Bitte benutzen Sie die Karte weiter. Wenn die in einem Bus nicht funktioniert, fragen Sie nach, ob andere Fahrgäste auch Probleme hatten.“Wenn Sie also demnächst eine verzweifelte Frau im Bus anspricht, haben Sie bitte ein paar nette Worte für sie übrig – besonders wenn Ihre E-Card einwandfrei funktionieren sollte.
Ihnen ein schönes und störungsfreies Wochenende!