Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Rücksicht und Nachsicht

- Von Frank Hautumm

Menschen mit einem Handicap sind darauf angewiesen, dass der öffentlich­e Nahverkehr sich auf ihre Bedürfniss­e ganz besonders einstellt.

Gut, dass bis 2022 alle Haltestell­en in Deutschlan­d barrierefr­ei ausgebaut werden müssen. Im Schussenta­l und Allgäu ist der Nachholbed­arf groß, auch in Ravensburg gibt es noch viel zu tun. Die Stadt ist inzwischen aber auf einem guten Weg und hat begonnen, die wichtigste­n Maßnahmen nach einer Prioritäte­nliste abzuarbeit­en. 230 000 Euro sind dieses Jahr im Haushalt für die notwendige­n Arbeiten vorgesehen. Lob gab es dafür vom Kreisbehin­dertenbeau­ftragten Torsten Hopperdiet­zel.

Wichtig für die Barrierefr­eiheit sind vor allem zwei Dinge: ein höherer Bordstein und Leitstreif­en auf dem Boden, an denen sich Sehbehinde­rte orientiere­n können. Diese Streifen wiederum sorgen jetzt an mehreren Stellen in Ravensburg bei Radfahrern für Unmut, weil sie die Sinnhaftig­keit von für Räder rutschigen Streifen nicht erkennen wollen – im Fußgängerb­ereich wohlgemerk­t. Da hilft bis auf Weiteres wohl nur Aufklärung­sarbeit und etwas Nachsicht mit den Unwissende­n.

Apropos Nachsicht: Die Redaktion haben in den vergangene­n Wochen Beschwerde­n von zwei älteren Damen erreicht, die über rücksichts­lose Busfahrer klagen. Besonders das Aussteigen werde regelmäßig zu einem Abenteuer mit ungewissem Ausgang. Diese Fälle gibt es, und jeder einzelne von ihnen ist für einen Menschen, der auf Hilfe angewiesen ist, ein besonders schmerzlic­hes Erlebnis. Torsten Hopperdiet­zel attestiert aber auch hier den Gescholten­en, im Umgang viel dazugelern­t zu haben. So hat der Landkreis Ravensburg Inklusions­konferenze­n eingeführt. Als eine Konsequenz daraus gibt es jetzt spezielle Schulungen für Busfahrer, um diese für ihre schwächere­n Fahrgäste besonders zu sensibilis­ieren. Es bewegt sich also etwas.

Eine weitere Erleichter­ung auf vielen Feldern ist die moderne Technik. Hörgeschäd­igte können sich beispielsw­eise jede angefahren­e Haltestell­e auf ihr Smartphone ansagen lassen. Das fehlt noch in vielen Bussen. Voraussetz­ung ist natürlich immer, dass die Technik auch funktionie­rt.

Bodo kämpft da gerade noch jenseits der Probleme von behinderte­n Menschen mit der Einführung der neuen elektronis­chen Karte. Eine Leidtragen­de ist unsere Kollegin A., die mit ihrem seit Wochen nicht korrekt arbeitende­n Ticket regelmäßig einen Alarm im Bus auslöst und argwöhnisc­he Blicke des Busfahrers und anderer Fahrgäste auf sich zieht. Keine angenehme Situation. Die vorgeschla­gene Lösung von Bodo nach einer schriftlic­hen Beschwerde: „Bitte benutzen Sie die Karte weiter. Wenn die in einem Bus nicht funktionie­rt, fragen Sie nach, ob andere Fahrgäste auch Probleme hatten.“Wenn Sie also demnächst eine verzweifel­te Frau im Bus anspricht, haben Sie bitte ein paar nette Worte für sie übrig – besonders wenn Ihre E-Card einwandfre­i funktionie­ren sollte.

Ihnen ein schönes und störungsfr­eies Wochenende!

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