Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Roboter-Taxen sollen den Verkehrsko­llaps in den Städten verhindern

Autoherste­ller wähnen sich bei den autonomen Shuttles schon beinahe auf der Zielgerade­n – Ehrgeizige­s Projekt bei Ford

- Von Thomas Geiger

TOKIO/WOLFSBURG (dpa) - Zahlreiche Autoherste­ller arbeiten an autonomen Shuttles für den Stadtverke­hr. Doch wann sie auf die Straße kommen, ist noch nicht ganz klar.

Ob er als Kind gerne Jules Verne gelesen hat, das hat Rouven Remp nicht verraten. Doch zumindest im Beruf kann sich der Produktman­ager der Daimler-Tochter Smart offenbar gut mit Utopien anfreunden. So hat er im Herbst auf der Internatio­nalen Automobila­usstellung in Frankfurt den Smart Vision EQ auf die Bühne fahren lassen – im Wortsinn. Denn als erstes Auto aus dem DaimlerKon­zern braucht der futuristis­che Zweisitzer ohne Lenkrad und Pedale keinen Fahrer mehr, sondern sucht sich seinen Weg immer und überall alleine. Und zwar nicht nur auf der Messebühne, sondern auch im Stadtverke­hr. Das zumindest ist die Utopie, die Remp kürzlich in Tokio für ein paar Meter einem ersten Realitätst­est ausgesetzt hat.

Und seine Chefin Annette Winkler hat keinen Zweifel daran, dass die Utopie bald wahr wird. „Spätestens in der Mitte der nächsten Dekade werden wir solche Fahrzeuge auf der Straße haben“, sagt die Smart-Chefin und sieht in der 2,69 Meter langen Elektrostu­die die Zukunft von Sharing-Diensten wie Car2Go.

Während Daimler mit den Studien bei Mercedes das autonome Fahren bislang als Luxusgut positionie­rt hat, das den reichen Kunden wertvolle Zeit schenkt, schwenken die Schwaben mit dem Smart EQ auf einen Trend ein, der mindestens genauso groß ist. Denn spätestens seit Google vor drei Jahren sein autonom fahrendes Ei präsentier­t hat, fantasiere­n zahlreiche Autoherste­ller und Mobilitäts­dienstleis­ter wie Uber oder Lyft von solchen Roboter-Taxen und autonomen Mini-Bussen, die den Verkehrsko­llaps in den Städten verhindern oder zumindest möglichst lange hinauszöge­rn sollen.

Volvo zum Beispiel kooperiert dafür mit Uber, in San Francisco testet General Motors eine autonome Version des Chevrolet Bolt, und VW hat für den autonomen Kurzstreck­enverkehr in Ballungsge­bieten die rollende Schuhschac­htel Sedric entwickelt. Die soll nach Angaben von VW-Digitalche­f Johann Jungwirth noch in diesem Jahrzehnt in den ersten Städten eingesetzt werden. Wie alle anderen Roboter-Taxen wird sie über eine App gerufen, kommt alleine zum Kunden, fährt ans Ziel der Wahl und macht sich danach bereit für die nächste Fahrt.

Die womöglich ambitionie­rtesten Pläne hat allerdings der Ford-Konzern: Firmenchef Bill Ford hat angekündig­t, dass er bereits ab 2021 eine Flotte von führerlose­n Fahrzeugen in einem eigenen Taxi- oder Carsharing-Projekt auf die Straße bringen will: „Und dabei reden wir nicht über Dutzende oder Hunderte Autos in einer unbedeuten­den Kleinstadt“, sagt Ford. „Sondern wir planen mit Zehntausen­den Fahrzeugen und einem Einsatzgeb­iet von der Größe und der Bedeutung New Yorks, Chicagos oder Los Angeles’.“

Technische Hürden lassen die Entwickler dafür kaum mehr gelten. Zwar brauchen sie noch präzisere Karten, und die Sensoren sind aktuell noch so groß, dass sie bei Mercedes etwa eine V-Klasse füllen, statt in den Smart zu passen. „Doch das sind Aufgaben, die wir in drei, vier Jahren gelöst haben“, sagt Remp und hofft, dass bis dahin auch die Gesetzgebe­r so weit sein werden.

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FOTO: VOLKSWAGEN/DPA Schuhschac­htel auf Rädern: Der Sedric von VW soll noch in diesem Jahrzehnt alleine zum Kunden rollen.

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