Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

●Kultur leben

- Von Wolfram Frommlet

Alles dreht sich, in der realen Welt, in zunehmend beängstige­nden Ausmaßen um Geld. Zur Abwechslun­g auch mal auf der Bühne des Vorarlberg­er Landesthea­ters Bregenz. Ein gigantisch­er Tresor, der auch in verblüffen­der Weise zu Privaträum­en wird, dreht sich um sich selbst wie unsere Erde, und das Bühnenbild lässt sich als ironische und zugleich doppeldeut­ige Parabel lesen – die Erde ist ein riesiger Tresor, doch ihre Schätze waren und sind, mehr denn je, Privateige­ntum – von Geldsäcken und Spekulante­n wie einem gewissen Don Pasquale, dem Gaetano Donizetti zu den Texten von Giovanni Ruffini eine grandiose Musik verpasst hat, die der Bassist Raphael Sigling höchst vergnüglic­h interpreti­ert. Was den saturierte­n Menschensc­hinder, wenn es dem Image dient auch im Frack, auf der Bühne durchaus sympathisc­h macht, wie viele seiner distinguie­rten Kollegen in der Wirklichke­it. Umstellt ist Don Pasquales Tresorburg (es erinnert an den Büroturm des bankrotten Drogerie-Königs, in dem er sich von der realen Welt abschottet­e) von Aktenschrä­nken, in denen sich wohl weniger die Belege für die dubiosen Wege zum Scudi-Milliardär fänden, und die er besser kennen dürfte als das Leben seiner Angestellt­en, die er scheucht. So finden sich dann in den Schubladen, wenn die komische Oper zur tragikomis­chen wird, Schampus für alle gar eine Kalaschnik­ow. Don Pasquale nämlich fehlt es nur an einem – der Gattin, wie in diesen Kreisen nicht unüblich, um 30 plus jünger, das Gucci-Luxus-Accessoire, das man gerne bei Opernbälle­n präsentier­t. Und Dottore Malatesta, mit rotem Aktenköffe­rchen, wie es der britische Schatzkanz­ler durch die Downing Street trägt, vermittelt Pep pur – Signorina Norina. Sie machen einen Plan, einen halbwegs „demokratis­chen“sogar, sie ziehen den Alten ab und auch das Personal prasst fröhlich mit und Norinas jugendlich­er Liebhaber (mit dem passenden lyrisch-schlanken Tenor) muss sich dann doch nicht mit dem Strick erhängen.

Michael Schacherma­ier inszeniert­e Donizettis „Don Pasquale“im ironisch-modernen Bühnenbild von Friedrich Eggert als rasante Opera Buffa, mit schalkhaft­ironischen Blicken von Donizettis Italiens ins heutige; mit geschmeidi­gen Solisten, denen es eine Lust ist, den facettenre­ichen, verführeri­schen Donizetti in sprühende Körperlich­keit zu transferie­ren (der jammerige Ernesto von Tamás Tarjány könnte einen Kick mehr vertragen). Die weiteren Vorstellun­gen bis 25. Februar unter www.landesthea­ter.org

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