Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Besondere Freude: „Mutter der Küchenliederleute“war wieder dabei
Maria Ballarin hatte die Humpisfasnet vor 20 Jahren wiederbelebt – Es gab viel zu lachen in der Zehntscheuer
RAVENSBURG - Der Bodo (Rudolf) als genialer Prediger Bruder Gerion, der Henne (Engelberger) und der Siege (Schock), die beiden fabelhaften Maulart-Kabarettisten, Steffi Kollmus und ihre Küchenliederleute – sie alle standen wieder auf der Zehntscheuer-Bühne bei der traditionellen Humpisfasnet und sorgten dafür, dass das bestens aufgelegte Publikum voll auf seine Kosten kam.
Was aber das närrische Völkchen in der vollbesetzten Scheuer mindestens genau so sehr freute: In der ersten Reihe, von vielen herzlich begrüßt, saß im Rollstuhl mit feschem Blumenhut und sichtlich gut aufgelegt Maria Ballarin, die „Mutter der Küchenliederleute“, die zusammen mit ihnen vor 20 Jahren die Humpisfasnet wiederbelebt hatte. Nach schwerer Krankheit ist das AltstadtMariele, inzwischen fast 85, wieder auf dem Weg der Besserung. Wenn das keine gute Nachricht war!
Nicht so Gutes verhieß Bruder Gerion, der diesmal über die Weissagungen und Offenbarungen des Propheten Johannes predigte, den Reichen, die bekanntlich auch sterben müssen. „Ob arme Leich’, ob reiche Leich’ – den Würmern ist das alles gleich.“Ja, ja, die Macht des Schicksals! Der Rat des Ordensbruders, der sein Publikum wieder voll im Griff hatte: „Ziehst du die Decke übers Gesicht, dann findet das Schicksal dich nicht.“Wäre Bodo, der Rudolf, kein Südstadt-Oberschwabe mit norddeutschen Genen, sondern ein Franke, man würde ihn doch glatt für Deutschlands beste Fernsehfasnet in Veitshöchheim vorschlagen, so gut ist der Mann.
Vertraute Ohrwürmer
Gut taten anschließend auch altvertraute Ohrwürmer, angestimmt von den Küchenliederleuten, bevor Siege Schock mit der Gitarre den Vollmond über Mochenwangen aufgehen ließ und damit einen nicht ganz jugendfreien Klassiker anstimmte. Der Weiß Ferdl, unvergessener bayerischer Volkssänger, hätte anschließend seine helle Freude gehabt. Denn die Küchenliederleute hatten sein berühmtes Lied vom Wagen von der Linie acht, in dem keiner lacht, kurzerhand umgepfriemelt auf die Ravensburger Buslinie drei, in der es mitunter auf gut Schwäbisch bekanntlich auch ruppig zur Sache geht. Dabei hätte das schier erdrückende tägliche Gewühl, wenn die Schule aus ist, durchaus auch mal kabarettistisch angeprangert werden können.
Unnachahmlich der Henne und der Ekke (Ekkehard Zaim), wie sie den Bärengarten besangen, wo die Tradition „zu Glump gehauen“werde. Und natürlich – Steilvorlage für die Maulart-Kabarettisten – nahmen sie auch das Gezerfe um den Eschersteg gehörig aufs Korn. „Wohin man schaut, da siehst du Nieten überall, im schönen Ravensburg im Schussental“, spielten sie auf die denkmalgeschützte NietenRostkonstruktion an. Ihr Vorschlag: Mit dem Eschersteg den Flappach überqueren. Bereits seit elf Jahren und auch diesmal wieder ihr Thema: der Molldietetunnel. Ein Dauerbrenner wohl noch für Jahrzehnte. Neu hingegen: das etwas missratene Wartehäusle bei Liebfrauen.
Mit ihrer „saudummen Gymnastik“für einen Opa, der kaum noch kriechen kann und der Geschichte von einem Ritter, den die Tücke des Objektes daran hindert, seine Liebste droben auf der Veitsburg in die Arme zu schließen, hatten die Küchenliederleute die Lacher auf ihrer Seite. Und selbstverständlich stimmte das Publikum ein, als das KüchenliederPersonal altvertraute Schunkellieder anstimmte.
Für Maulart-Feinschmecker ein Hochgenuss, wie der Henne dem Siege am Wirtshaustisch das letzte noch verfügbare Ripple „verdloidete“, indem er den Gift-Cocktail in dem Fleisch so anschaulich beschrieb, dass dem Siege der Appetit doch glatt verging und der Henne es sich genüsslich einverleiben konnte. Nicht gut kam in dem Sketch übrigens die grantige Bedienung weg: „Koi Wunder, ischt die altledig blieba...“So wie der Henne wird auch der Siege immer besser! Wie er gelassen die Pointen setzte, von Ruhestand, Demenz und seiner flotten Hausärztin erzählte – fein! Anschließend setzte der Henne noch einen drauf, als er ein altes Couplet von Willi Reichert über das Jockele umwerfend komisch darbot. Das Jockele, ihr Büble, kommt heim vom Militär und schockiert sein Mütterlein. Brigitte Heine begleitete den Henne souverän.