Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Früher laute Glocken, heute stiller Alarm
Museum im historischen Salzstadel zeigt die Ravensburger Feuerwehrgeschichte
RAVENSBURG - Handdruckspritzen, Alarmgeräte, Uniformen: Im Dachgeschoss der Ravensburger Feuerwache Salzstadel gibt es eine bunte Auswahl an großen und kleinen Ausstellungsstücken. Sie zeigen die Ravensburger Brandbekämpfung nach und vor Gründung der Freiwilligen Feuerwehr im Jahr 1847. In einem der ältesten Gebäude der Stadt lässt sich die Geschichte einer der ältesten Feuerwehren Deutschlands erleben. Und nicht nur das: Aktuelle Themen spielen auch eine Rolle.
„Die Idee zu einem Museum wurde wohl schon um 1960 geboren“, erzählt der Leiter des Museums, Ulrich Göggelmann. Doch erst zwanzig Jahre später sollte aus der Idee Wirklichkeit werden. In einem kleinen Raum in der Schulgasse - vom Landgericht zur Verfügung gestellt - begann die Altersabteilung ab 1980 damit, alte Feuerwehrgeräte an einem Ort zusammenzutragen. Bis dahin waren diese in den in der Innenstadt verteilten Gerätehäusern gelagert. Das wollten einige Mitglieder der Altersabteilung ändern. Willi Würth, der damalige Kommandant Ewald Schmid sowie Erich Lack und Fritz Holzhause ergriffen schließlich die Initiative und können deshalb als Gründer des Museums bezeichnet werden. Würth führt noch heute Besuchergruppen durch das Museum und erzählt dabei gerne so manche Anekdote aus seiner langjährigen Zeit bei der Feuerwehr. Schmerzhaft erinnere er sich an den 14. März 1982, als der Frauentorturm in Flammen stand und drei Kameraden der Feuerwehr Ravensburg ums Leben kamen. „Das war eine meiner schlimmsten Erfahrungen als Feuerwehrmann“, sagt Würth. Für die gesamte Feuerwehr ein prägendes Ereignis, über das man sich im Museum informieren kann.
Überraschendes beim Umzug
Mit dem Umzug der Abteilung Stadt der Feuerwehr Ravensburg in den historischen Salzstadel 1983 ergaben sich dann nicht nur für die Feuerwehr, sondern auch für das Museum neue räumliche Möglichkeiten: Unter dem gut erhaltenen Dachstuhl des denkmalgeschützten Fachwerkhauses gab es deutlich mehr Platz, die alte Feuerwehrtechnik der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dabei galt es jedoch, technische Hürden zu überwinden. Würth, 40 Jahre lang Gerätewart der Feuerwehr Ravensburg, erinnert sich: „Die großen Geräte wie Spritzen und Leitern mussten erst im Erdgeschoss auseinandergebaut, über eine Drehleiter in das Dachgeschoss gebracht und dort wieder aufgebaut werden.“Neben dem gesamten Dachgeschoss wurde auch der Keller des Salzstadels ausgeräumt und saniert. Hier entstand die Museumswerkstatt, in der die Exponate restauriert wurden und bis heute gepflegt werden.
Bei den Umzugs- und Restaurierungsarbeiten kam Überraschendes zutage. So fanden die Feuerwehrmänner neben einer Glocke die Alarmgeberanlage der 1905 in Ravensburg installierten Weckerlinie. Diese war Anfang des 20. Jahrhunderts aufgrund des Wunsches nach einer Modernisierung des veralteten Alarmierungssystems eingerichtet worden. Die Weckerlinie vereinfachte die bis dahin aufwändige Alarmierung, die die ganze Stadt in Aufruhr versetzt hatte. Würth erklärt, wie die traditionelle Alarmierung ablief: „Bei einem Brand setzte zunächst der Turmwächter vom Blaserturm Kanonenschüsse ab. Ein Schuss bedeutete, dass es außerhalb der Stadtmauern brannte. Zwei Schüsse signalisierten der Feuerwehr, dass der Brand innerhalb der Stadtmauern war.“Im Anschluss daran läuteten die Kirchenglocken - Tambouren und Hornisten ergänzten den aufwändigen und lauten Alarm. Mit der neuen Weckerlinie wurde dieser dezenter und effektiver. Die Linie bestand aus „Weckern“in den Wohnungen und Arbeitsstätten von circa 30 Feuerwehrmännern. Das elektrische Läutwerk war über ein Leitungssystem direkt mit dem Alarmgeber in der ständig besetzten Polizeiwache verbunden. Über die Jahre wurde der Alarm immer stiller. „Die ersten Funkmelder in den 1980erJahren erleichterten das System noch mehr, da waren auch die Bürgermeister froh“, erzählt Würth. Im Museum lässt sich diese Entwicklung bis hin zur modernen digitalen Alarmierung nachvollziehen.
Auch die Gegenwart ein Thema
Es sind aber besonders die Großgeräte, die im 600 Quadratmeter großen Museum ins Auge stechen: Von der Handdruckspritze bis zur Pferdebespannten Drehleiter. Teilweise handelt es sich bei den Exponaten im Museum um Leihgaben. Besonders mit der Arbeitsgemeinschaft der Feuerwehrmuseen in Deutschland finde laut Göggelmann immer wieder ein Austausch von Ausstellungsstücken statt. Mehr als 800 Besucher, darunter viele Schulklassen, wollten im vergangenen Jahr in die Welt der Feuerwehr eintauchen, berichtet er weiter. Über 30 Führungen führte das fünfköpfige, ehrenamtliche Museumsteam, das sich aus Mitgliedern der Altersabteilung und aktiven Feuerwehrleuten zusammensetzt, im letzten Jahr zudem durch. Auf Wunsch könnten auch die aktuellen Einsatzfahrzeuge besichtigt werden. Besonders für Kinder sei das interessant, weil sie gerne mal in einem der „großen roten Autos“sitzen, ergänzt Göggelmann. Gerade die Aktualität sei dem Museumsteam wichtig. Und so findet man in den Vitrinen nicht nur feuerwehrspezifische Kleingeräte aus vergangenen Zeiten, sondern auch Themen mit einem Bezug zur Gegenwart. Derzeit können sich Besucher über die Funktionsweise von Rauchwarnmeldern informieren. Für Andreas Schmauder, Leiter des Stadtarchivs und Direktor des Museums Humpis-Quartier in Ravensburg, bereichert die Ausstellung die Museumswelt der Stadt. Neben der Geschichte der Feuerwehr werde hier anschaulich auch der Einzug der Technik in den Ravensburger Haushalt gezeigt. „Im Museum wird deutlich, dass die Feuerwehr in Sachen technischer Innovationen für die Stadt immer am Puls der Zeit war“, sagt Schmauder.
Das Feuerwehrmuseum befindet sich in der Feuerwache Salzstadel, Charlottenstraße 40, in Ravensburg. An jedem ersten Sonntag von April bis Oktober ist das Museum von 10 bis 12 Uhr geöffnet. Mit Voranmeldung sind Führungen auch außerhalb dieser Zeiten möglich. Das Museum ist behindertengerecht ausgestattet. Der Eintritt ist frei. Nähere Informationen per E-Mail an museum. feuerwehr@ravensburg.de