Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Einer der besten Nachwuchsgitarrenbauer
Philipp Reffler belegt bundesweit den zweiten Platz der Zupfinstrumentenmacher – Ausbildung in Weingarten
WEINGARTEN - Es riecht nach Holz und Leim. Auf den Werkbänken liegen Feilen und Lineale. An den Wänden hängen eine Auswahl an verschiedensten Gitarren. Philipp Reffler steht vor einer dieser Wände und erzähltvon seiner Zeit im Gitarrenladen von Andreas Dill in Weingarten. Hier hat der 22-Jährige aus Kempten eine Ausbildung zum Gitarrenbauer gemacht. Dass er in Deutschland einer der besten Gesellen unter den sogenannten Zupfinstrumentenmachern ist, hat er jüngst beim Leistungswettbewerb des Handwerks unter Beweis gestellt. Reffler belegte auf Kammer- und Landesebene jeweils den ersten, auf Bundesebene den zweiten Platz.
Überrascht habe ihn dieser Erfolg nicht, sagt Andreas Dill, Gitarrenbaumeister und Refflers Ausbilder. „Philipp ist von Haus aus begabt, ein guter Handwerker, sehr fleißig und hat viel gelernt.“Beim Bundeswettbewerb galt es, ein Griffbrett zu erstellen sowie ein Kopfteil einer Gitarre zu entwerfen und zu verarbeiten. „Handwerkliches Geschick und ein Bezug zum Instrument sind wichtig für den Beruf“, sagt Reffler. Und neben dem Gehör sollte man ein Gefühl dafür entwickeln, wie so ein Instrument gebaut sein soll. Denn jedes Stück Holz sei anders, ergänzt Dill.
Die Arbeit mit Holz ist es vor allem, was Reffler an dem Beruf so Spaß macht. Die Liebe zu diesem Werkstoff entdeckte er während der Fachoberschule in Kempten, wo er sein Abitur von 2012 bis 2013 nachholte. Ein Gitarrenbauer empfahl ihm ein Praktikum bei Andreas Dill in Weingarten. Reffler schnupperte eine Woche lang in die Welt des Gitarrenbaus. „Ich bin ANZEIGE einfach ein Praktiker. Ich muss was mit meinen Händen machen und will am Schluss sehen, was ich gemacht habe“, sagt er. Weil er sich die Option eines Studiums offen halten und noch Erfahrungen im Ausland sammeln wollte, machte der Kemptener erstmal sein Abitur und ging für ein Jahr nach Frankreich, wo er sich in einer Kirchengemeinde sozial engagierte. Im Jahr 2014 begann er schließlich seine Ausbildung zum Gitarrenbauer in Weingarten.
Besonders gefallen habe ihm dabei die familiäre Atmosphäre und dass er Gitarren komplett von A bis Z bauen durfte. Im Schnitt brauche man 60 Arbeitsstunden für den Bau einer einfachen Gitarre. „Ich habe hier viel mitbekommen, handwerklich, aber auch im Kontakt mit den Kunden, also im Verkauf“, erzählt er. Seine erste selbst gebaute Gitarre, eine klassische Konzertgitarre, durfte er behalten. „Die ist für mich immer ein guter Anreiz, selbst zu spielen“, sagt er.
Westerngitarren, Banjos, Ukulelen: Auch zu Hause bei Reffler stehen viele Gitarren. Seit der zweiten Klasse spielt er das Instrument: anfangs nur im Unterricht, später in den Jugendgottesdiensten seiner Kirchengemeinde in Kempten. Heute zupft er bevorzugt auf seiner Stahlsaitengitarre. Und das ist nicht selbstverständlich: „Viele exzellente Gitarrenbauer können selbst nicht gut Gitarre spielen“, sagt Dill. Aber dem Kunden auf musikalischer Ebene etwas zeigen zu können, einen Bezug zur Gitarre zu haben, das alles sei natürlich schon ein Vorteil, sind sich Reffler und Dill sicher.
„Gitarrenbauer wird es immer geben“
Neben der Arbeit in Dills Werkstatt hatte Reffler zwei Mal im Jahr mehrere Wochen Blockunterricht an der Berufsschule in Mittenwald, Oberbayern. Deutschlandweit eine von nur zwei Schulen, wo Gitarrenbau gelehrt wird. Unter zehn Azubis war er zu Beginn der einzige Gitarrenbauer, später in der Fachklasse dann einer von sechs Gitarren- und Geigenbauern. Nicht viele Ausbildungsplätze gebe es für den Beruf. Die Perspektive sei dennoch gut. „Gitarrenbauer wird es immer geben, gerade im Reparaturbereich geht die Arbeit nicht aus“, sagt der Kemptener. Die meisten der Gitarrenbauer in Deutschland sind selbstständig.
Für Reffler aber erstmal keine Option. Der 22-Jährige wollte noch einen Blick auf eine andere Art der Gitarrenherstellung bekommen. Seit Oktober 2017 sammelt er Berufserfahrung bei einem Gitarrenhersteller in der Nähe von Nürnberg. Denn anders als in Dills Gitarrenladen, wo der Schwerpunkt auf Reparaturen liegt, ist Reffler an seinem neuen Arbeitsplatz nur mit dem Neubau von Gitarren beschäftigt. Im wöchentlichen Wechsel verantwortet er jeweils einen bestimmten Arbeitsschritt. „Die Routine, die ich dadurch bekomme, gefällt mir“, sagt er. „Tiefer reinschauen, eine größere Werkstatt sehen“, das war einer der Gründe für den Abschied aus Weingarten.
Einige Monate später ist Reffler zurück in der Werkstatt in Weingarten. Der 22-Jährige sitzt an einem der Arbeitsplätze, greift sich eine Gitarre und lächelt. Zusammen mit anderen Gesellen aus der Region wird er am Abend für seine Leistungen beim Wettbewerb des Handwerks 2017 geehrt. Vorher wollte er noch seinen Ausbildungsbetrieb besuchen. „Es war einfach ein schöner Ort hier“, sagt der Zupfinstrumentenmacher.
Mehr Einblicke in die Welt des Gitarrenbauens geben Philipp Reffler und Andreas Dill online in einem Video unter www.schwaebische.de/ gitarrenbauer