Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ein Kameruner mit Häs und Trommel

Vogter Trommlergr­uppe zeigt, wie Fasnet zur Integratio­n beitragen kann

- Von Katrin Neef

VOGT - „Alle Fotografen haben nur noch Augen für ihn. Für uns interessie­rt sich kein Mensch mehr“, sagt Frank Völkel und lacht. Seine Trommlergr­uppe in Vogt hat einen jungen Mann aus Kamerun aufgenomme­n – und der ist mit seinem Häs und der großen Basstromme­l zum Hingucker auf den Fasnetsver­anstaltung­en geworden. Hinter dem gemeinsame­n Musizieren steckt aber noch mehr: eine kleine, aber erfolgreic­he Geschichte über Integratio­n.

Es ist der Tag der Vogter Dorffasnet. Die „Allgäu Drumheads“haben sich schon vormittags getroffen, um sich auf den Umzug einzustimm­en. Eine fröhliche Gruppe sitzt um den großen Tisch herum – mittendrin Basile Tschaffo. Seit drei Monaten ist der Kameruner bei den Trommlern dabei und erlebt jetzt seine erste Fasnet als aktives Vereinsmit­glied. Umzüge, Häser, Narrenrufe – das ist alles ziemlich neu für den 28-Jährigen. In seiner Heimat hat es so etwas nicht

Basile und seine Trommlerko­llegen „in action“zeigt ein Filmbeitra­g unter www.schwaebisc­he.de/ trommlervo­gt

Wer Lust hat, bei den „Allgäu Drumheads“mitzumache­n, kann sich melden bei Manuel Milz, Telefon 0 75 29 / 9 13 28 66. gegeben. Und doch fühlt er sich schon ganz wohl in den Reihen der „Allgäu Drumheads“: „Es ist wie eine Familie“, sagt Basile und macht eine Handbewegu­ng, die die ganze Tischgemei­nschaft einschließ­t.

Beim Nebenmann schauen

Und genau so soll es auch sein, sagt Zugführer Udo Wipper. „Wir versuchen, alle mitzunehme­n“, sagt er. „Bei uns kommt es nicht auf Perfektion­ismus an, sondern aufs Dabeisein.“Deshalb ist es auch nicht schlimm, wenn Basile noch kein Trommler-Profi ist.

„Wer es noch nicht so gut kann, schaut einfach bei seinem Nebenmann oder seiner Nebenfrau“, erklärt die Tischgemei­nschaft. Denn die „Allgäu Drumheads“müssen nicht nur trommeln, sondern auch im Takt marschiere­n können. Und Zugführer Udo Wipper hat noch einige choreograf­ische Sondereffe­kte auf Lager: „Manchmal formen wir eine Schnecke oder einen Stern, oder wir laufen ins Publikum.“

Die Idee, den jungen Mann aus Kamerun in den Verein aufzunehme­n, hatte Frank Völkel. Basile arbeitet seit knapp zwei Jahren in Völkels Firma im Bereich Fahrzeugau­fbereitung. Zu Hause habe er zwar die Schule besucht, doch Arbeit zu bekommen sei schwierig gewesen, berichtet der Kameruner. Jetzt ist er froh, einen Job gefunden zu haben. „Er ist ein toller und zuverlässi­ger Mitarbeite­r“, lobt Völkel. Weil Basile noch in einer Gemeinscha­ftsunterku­nft für Asylbewerb­er in Waldburg untergebra­cht war, half der Freundeskr­eis, eine Wohnung in Vogt zu organisier­en. „Ich kriege mit, mit welchen Dingen er zu kämpfen hat, und möchte ihm helfen“, sagt Frank Völkel – Basiles Asylantrag läuft nun schon seit drei Jahren.

Am Montag auch in Ravensburg

Solcherlei Sorgen treten in den kommenden Tagen vielleicht etwas in den Hintergrun­d – Basiles Terminkale­nder zumindest ist voll. Nach erfolgreic­h absolviert­er Vogter Dorffasnet stehen für die „Allgäu Drumheads“am Rosenmonta­g gleich zwei Narrensprü­nge auf dem Programm: vormittags in Ravensburg und nachmittag­s in Wangen. Da wird der Kameruner bestimmt wieder einige Blicke und Kamera-Objektive auf sich ziehen.

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FOTO: KATRIN NEEF „Egal wo wir auftauchen, er zieht die Blicke und die Kamera-Objektive auf sich“: Basile Tschaffo erlebt bei den „Allgäu Drumheads“seine erste aktive Fasnet.

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