Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Im Atelier ein Kostüm der Rutenkinde­r

Josef Henger schuf mit dem Rutenfestb­runnen ein Zeichen für die Zukunft der Oberstadt

- Von Julia Marre Lesen Sie demnächst: Warum der Bildhauer Karl-Henning Seemann mit seiner Skulpturen­gruppe einen Roman zitiert www.schwaebisc­he.de/ skulpturen-ravensburg

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RAVENSBURG Die Sonne strahlte und drei Böller krachten vom Mehlsack: Als im Juni 1987 zum Rutenfest der Brunnen an der oberen Marktstraß­e eingeweiht worden ist, erklang das Heimatlied „Mein Ravensburg im Schwabenla­nd“.

Der Ravensburg­er Bildhauer Josef Henger hat, wie der damalige Oberbürger­meister Hermann Vogler in seiner Ansprache betonte, an der neu gestaltete­n Marktstraß­e ein „Zeichen für die Zukunft der Oberstadt“gesetzt. Ein zeitloses Zeichen zudem, das sich heute in einem Umfeld bester künstleris­cher Gesellscha­ft befindet.

Bereits im Mai 1985 hatte der Technische Ausschuss den Bildhauer mit der Gestaltung des Brunnens beauftragt. Als Standort war der Treppenauf­gang zur ehemaligen Humpisschu­le vorgesehen. Auch wenn die Idee zu einem solchen Brunnen von der Rutenfestk­ommission stammt – „Vorgaben für die Gestaltung gab es keine“, erinnert sich Josef Henger heute.

Weil das Gelände unterhalb der Treppe Gefälle hat, entschied sich der Bildhauer dazu, zwei Brunnenbec­ken aus besonders wetterbest­ändigem Blauberger Muschelkal­k untereinan­derzusetze­n. „Ich habe Brunnen immer gerne so gestaltet, dass das Wasser einen möglichst langen Lauf hat“, sagt der Bildhauer. Dass er die „Zopfmädla“und Buben darstellen wollte, die bei dem oberschwäb­ischen Heimatfest mit der jahrhunder­tealten Tradition die Hauptrolle spielen, war für Henger gleich klar. „Ich hatte solch ein Kostüm der Rutenkinde­r im Atelier und habe anhand von Bildern rekonstrui­ert, Henger, der in Ravensburg lebt und arbeitet, den Kulturprei­s der Städte Ravensburg und Weingarten. Neben dem Rutenbrunn­en hat er unter anderem die St.-VeitStele auf dem Veitsberg und das Kriegerden­kmal in Berg geschaffen. (juma) wie sie gekleidet sind“, sagt der Künstler. Über ihren Köpfen tragen die vier bronzenen Kinderfigu­ren Haselnussz­weige. Denn schon seit dem Mittelalte­r sollen die Kinder beim sogenannte­n „Rutengehen“zum Schuljahre­sbeginn mit ihrem Lehrer, dem Magister, in den Wald gegangen sein, um dort Haselnussz­weige zu schneiden. Diese wiederum wurden über das Schuljahr verteilt zur Züchtigung eingesetzt das ist zumindest eine von mehreren bekannten Erklärunge­n der Festherkun­ft.

Die Rutenkinde­r auf Hengers Brunnen sind mit Zweig 1,20 Meter groß und wiegen je etwa 50 bis 60 Kilogramm. Fertigen lassen hat der Künstler die Bronzefigu­ren in einer Kunstgieße­rei in Oberschlei­ßheim bei München. „Von dort habe ich sie abgeholt und vor Ort auf dem Rutenbrunn­en befestigt“, sagt Henger. Nicht nur, wenn er an der oberen Marktstraß­e unterwegs ist, hat er seinen 30 Jahre alten Brunnen vor Augen. Auch in seinem Atelier steht bis heute ein Entwurf des Rutenbrunn­ens im Maßstab 1:20. Alle bislang veröffentl­ichten Teile der Serie sind zu finden unter

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FOTO: JULIA MARRE Vier Rutenkinde­r – zwei „Zopfmädla“und zwei Buben – hat Josef Henger für den Rutenbrunn­en in Bronze dargestell­t.

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