Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Was bisher geschah
In den 1970er-Jahren stößt Jürgen Hohl auf die Zulassungsarbeit eines Lehrer namens Wachter. Dort wird der Pfeifenkopf erwähnt, ist gar auf zwei Bildern festgehalten. Sofort nimmt der FasnetsExperte Kontakt mit Wachter auf und bittet um jene Bilder. Doch zunächst die Enttäuschung: Wachter meint, er habe sie nicht mehr. Doch einige Jahre später dann „der Sonnenstrahl, der durch die Wolken scheint“, wie es Hohl beschreibt: Wachter hat die Bilder gefunden und überreicht sie Hohl. „Da begannen meine Forschungen“, erinnert er sich. „Das ist der älteste Beleg. Die Fotos sind kostbarer als kostbar. Das beweist den Urbletzler.“Und bald stellen sich die ersten Erfolge ein. Hohl findet heraus, dass die Fotos um das Jahr 1930 entstanden sind. Gemacht hatte sie wohl der damalige Zunftmeister der Plätzler, Fritz Mattes, um sie dem badischen Volkskundler Hermann Eris Busse zu schicken. Der stellte 1933 fest: Das ist kein badischer Plätzler. Denn neben dem Motiv des Urbletzlers, der eine Karbatsche schwingt, steht auf dem Pfeifenkopf geschrieben: „Breisgau! Und der Walser ist es doch!“.
Doch was bedeutet das? „Wir wissen nicht, was dahinter stand“, sagt Hohl. Daher wäre die Rückseite der Pfeife umso wichtiger. Doch diese hatte Mattes nicht fotografiert. Daher gehen Hohls Ermittlungen in der Folge in eine andere Richtung. Denn auf der Rückseite des Fotos steht: Baugeschäft Clemens Walser. Lange Zeit war Hohl davon ausgegangen, dass es sich um die Familie Walser aus Ravensburg dreht. Durch seine Nachforschungen findet Hohl heraus, dass es sich um eine andere Familie Walser handelt, die schon zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Altdorf gelebt hat. Den richtigen Familienstamm ausgemacht, vertieft er seine Forschungen – und stößt auf Nepomuk Walser, der von 1816 bis 1886 in Altdorf/Weingarten gelebt hat und mehr als 22 Jahre Rössle-Reiter der Fasnet war. „Dieser Walser war ein echter Altdorfer“, meint Hohl. Ihm sei – damals wohl üblich – der bedruckte Pfeifenkopf geschenkt worden. „Der hat dem Nepomuk gehört“, sagt Hohl. Also machte er sich auf die Suche nach Nachfahren von Nepomuk. In den 1980er-Jahren stößt er tatsächlich auf einen verbliebenen Walser, der mittlerweile in Frankfurt am Main lebt. „Er war sehr kooperativ und hat sich sehr gefreut“, erinnert sich Hohl.
Und tatsächlich kann Walser einige Puzzleteile zusammensetzen. Der Pfeifenkopf habe sich noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts im Familienbesitz befunden. Der Frankfurter Walser erinnert sich an seine Jugendjahre im Dritten Reich. Kurz bevor die Franzosen im Jahr 1945 Oberschwaben von der NS-Herrschaft befreiten, brachte seine Mutter einige Wertgegenstände zu Verwandten auf einen Hof im Allgäu. Darunter wohl auch der Pfeifenkopf mit dem Urbletzler. Danach verliert sich jede Spur. „Ich kann mir vorstellen, dass die Verwandtschaft das verschachert hat oder auf dem Bauernhof eingebrochen wurde“, mutmaßt Hohl, der nicht daran glauben will, dass der Pfeifenkopf zerstört worden sein könnte. Da es kaum Anhaltspunkte gab, stellte Hohl bald seine Suche ein. Und auch der vorletzte Versuch, bei dem er eine Anzeige in der „Schwäbischen Zeitung“schaltete und gar eine Belohnung von 2000 Euro aussetzte, lief ins Leere – bis jetzt. (olli)