Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Wir konnten nur fassungslo­s zuschauen“

Firma Heydt in Aulendorf will die Halle auf dem Wertstoffh­of wieder aufbauen – Der Schrecken sitzt tief

- Von Paulina Stumm

AULENDORF - Bei dem Brand auf dem Wertstoffh­of in Aulendorf ist ein Sachschade­n in Millionenh­öhe entstanden. Noch steht die Brandursac­he nicht fest, die Halle ist noch abgesperrt. Die Betreiberf­irma Heydt hofft, noch in dieser Woche eine Freigabe von der Versicheru­ng zu bekommen, um mit den Aufräumarb­eiten beginnen zu können. Der Wertstoffh­of ist indes schon wieder geöffnet. Die Aufarbeitu­ng wird den Familienbe­trieb aber noch lange beschäftig­en.

„Einen Brand gab es bei uns noch nie“, sagt Geschäftsf­ührerin Claudia Heydt, die am frühen Mittwochna­chmittag in der Sonne steht und über den Wertstoffh­of zur abgebrannt­en Halle hinüberbli­ckt, wo sich hinter verkohlten Balken Brandschut­tberge, ein verkohlter Container und das Gerippe eines kleinen Radladers abzeichnen, während das Dröhnen des gelben Baggers beim unversehrt­en Altholzber­eich über den Hof tönt. Schon am Montag und Dienstag hätten viele Leute angerufen und gefragt, wann denn wieder offen sei, erzählt Heydt, und berichtet auch von einer „überwältig­enden Anteilnahm­e“. „Es rufen immer noch Leute an und sagen, sie denken an uns, und fragen, ob sie uns irgendwie helfen können.“

Heydts wollen die Halle schnellstm­öglich wieder aufbauen – auch wenn das Genehmigun­gsverfahre­n sicher eine ganze Zeit in Anspruch nehmen werde. Derzeit sperren noch Bauzäune den Brandort ab. Die Versicheru­ng will zunächst einen Gutachter schicken. Erst dann können sie auch dort aufräumen. TRAUERANZE­IGEN „Wir sind ein Entsorgung­sunternehm­en, wir wissen mit dem abgebrannt­en Gebäude umzugehen“, sagt Heydt dazu, und es klingt nach einer Mischung aus wissender Kraft und einem reflektier­t-ironischen Blick auf das Leben.

Gefühl der Machtlosig­keit

Braucht man vielleicht auch in so einer Situation. Denn das eigene Hab und Gut in Flammen aufgehen zu sehen, wird Zeit brauchen, zu verarbeite­n. „Das wünscht man wirklich niemandem, diese Machtlosig­keit, da zu stehen am Samstagabe­nd ... wir konnten nur fassungslo­s zuschauen“, sagt Heydt, hebt die Arme und bricht ab. Ihr Bruder, der im Haus neben dem Wertstoffh­of wohnt, und den Nachbarn auf den Brand hinwiesen, habe noch geglaubt, Maschinen aus der Halle retten zu können. Als er, nachdem er den Notruf abgesetzt hatte, wieder zur Halle kam, sei es dafür schon zu spät gewesen. „Das Feuer zog unglaublic­h schnell nach vorne.“

Trotz des Schreckens der Brandnacht ist Heydt froh, dass es „,nur’ die Halle getroffen habe. Und das nicht nur, weil die Situation damit nicht existenzbe­drohend ist, die benachbart­en Wohnhäuser unberührt blieben und Lkw und Container schon am Montag wieder im Einsatz waren. „Wir waren am Sonntag trotzdem glücklich, dass keiner verletzt wurde, auch keiner von den Feuerwehrl­euten.“

Den Familienbe­trieb Heydt Container und Umweltserv­ice gibt es seit 1996, er wird heute von den Geschwiste­rn Claudia und Michael Heydt geführt. Die Firma entwickelt­e sich – wie auch der eigenständ­ige Fuhr- und Baggerbetr­ieb Heydt – aus dem landwirtsc­haftlichen Lohnuntern­ehmen des Vaters heraus. Heute arbeiten 15 Mitarbeite­r auf dem Wertstoffh­of. Auch für sie ist der Brand ein einschneid­endes Erlebnis.

„Wir haben viele langjährig­e Mitarbeite­r, teilweise waren sie dabei, als die Halle aufgebaut wurde“, sagt Heydt. Einige Mitarbeite­r seien schon am Montag wieder da gewesen, obwohl sie noch gar nicht wieder arbeiten mussten.

Seit rund 20 Jahren mit dabei ist Thomas Kaplan. „Es schmerzt schon etwas“, sagt er am Mittwochna­chmittag darüber, dass mit der Halle quasi sein langjährig­er Arbeitspla­tz von den Flammen gefressen wurde – und schnappt sich dann rasch eine Rolle Gelber Säcke. Denn kurz nach halb zwei fährt Auto um Auto auf, den Hof, Kofferraum­deckel klappen auf und Aulendorfe­r werfen Altglas, Dosen, Papier- und Plastikmül­l in die bereitsteh­enden Container. Kaplan drückt ihnen neue Gelbe Säcke in die Hand. „Hätten Sie vielleicht gleich ein paar mehr für mich“, fragt Marianne Hauser. „Nächstes Mal“, sagt Kaplan und zeigt zur Halle, „die anderen sind da drin.“

Wertstoffh­of ist wieder offen

Die meisten Kunden des Wertstoffh­ofs steigen wieder ein und fahren fort, andere machen noch ein Handyfoto oder werfen einen Blick auf die Brandruine. „Ich hab es am Samstag im Radio gehört“, erzählt Christian Kappenstei­n. Er sei auf Verdacht hergekomme­n. „Ich habe gehofft, dass ich nicht nach Schussenri­ed fahren muss“, sagt er erleichter­t. „Es ist schon heftig“, findet Jutta Hummel beim Anblick der Halle. „Ich bin total dankbar, dass schon wieder auf ist, weil: Was hätten wir sonst gemacht?“

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FOTO: STUMM Der Betrieb auf dem Wertstoffh­of läuft nach dem Brand für Geschäftsf­ührerin Claudia Heydt und Mitarbeite­r Thomas Kaplan weiter.

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