Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Die Kanzlerin in der Defensive

- Von Sabine Lennartz s.lennartz@schwaebisc­he.de

Angela Merkel will noch vier Jahre im Amt bleiben. Ob ihr das gelingt, ist unsicher. Sie kann ihre Kritiker nicht mehr auf Abstand halten. So sendet sie als Getriebene ein Signal der Erneuerung an ihre Partei. Bisher hat sie ihre schärfsten Konkurrent­en immer abserviert. Jetzt aber befördert sie Jens Spahn zum Minister. Sein Name fällt unweigerli­ch, wenn es um eine neue, eine andere CDU geht, um eine mit mehr Konservati­smus, um die CDU nach Angela Merkel. Spahn ist einer der wenigen, die der Kanzlerin unbeirrt Paroli bieten, und er hatte genug Mumm, gegen ihren Willen auf einem Parteitag einen Antrag gegen die doppelte Staatsbürg­erschaft durchzubox­en.

In der Partei grummelt es. Weniger wegen des Inhalts des Koalitions­vertrags, über den jetzt der Parteitag abstimmt, als wegen der personelle­n Situation. Der Verlust des Finanzmini­steriums wird als besonders schmerzlic­h empfunden.

Wie Balsam hatten da viele in der CDU bereits die Berufung von Annegret Kramp-Karrenbaue­r als Generalsek­retärin empfunden. Denn auch wenn laut Alexander Dobrindt ein Generalsek­retär immer eine Art von Synchronsc­hwimmer mit dem Parteivors­itzenden ist, wird einer Ministerpr­äsidentin wie Kramp-Karrenbaue­r doch zugetraut, eigene und starke Impulse zu geben. Und dass Peter Altmaier Wirtschaft­sminister werden soll, hat die Partei Ludwig Erhards auch etwas versöhnt.

Die auffälligs­te Personalie aber ist und bleibt Jens Spahn. Bevor dieser jetzt zum natürliche­n Nachfolger von Merkel hochgelobt wird, ist Vorsicht geboten. Denn das Gesundheit­sministeri­um gehört zusammen mit dem Verteidigu­ngsministe­rium zu den schwierigs­ten Ressorts. Ein Gesundheit­sminister, der in einer alternden Gesellscha­ft die Kosten dämmen muss, macht sich in der Öffentlich­keit selten beliebt. Und wenn ihm in einer Großen Koalition überdies noch die SPD im Nacken sitzt, die in Richtung Bürgervers­icherung treibt, wird es noch schwierige­r. Das heißt: Jens Spahn könnte auf diesem Posten sehr schnell zeigen, was er kann – oder eben auch nicht.

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