Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Erleuchtung von unten
Es ist böse und gemein, immer nur das Negative zu sehen – bei der Bahn etwa die Verspätungen. Tatsächlich rollen Abertausende Züge tagtäglich pünktlich durch Deutschland, Millionen Menschen werden zuverlässig transportiert. Mancherorts soll sogar das gefahrlose Überqueren von Bahnhofsvorplätzen wieder möglich sein. Auch ist – angesichts der sibirischen Kälte, die wichtigste Nachricht – zuletzt niemand am Sitz festgefroren.
Doch nun zu den neuen Plänen der Bahn für die Landeshauptstadt Stuttgart. Findige Geister haben sich überlegt, die dortige S-Bahn noch pünktlicher zu machen. Und so werden ab heute Mittag, 12:45 Uhr, an der Haltestelle Bad Cannstatt an der Bahnsteigkante von Gleis 2 im Boden eingelassene Symbole leuchten. „Dynamische Wegeleitung mit Leuchtstreifen“, nennt die Bahn das.
Tatsächlich sehen diese Lichtfaserbetonplatten schick aus. Die Idee dahinter ist löblich: Vor der Einfahrt zeigen die blinkenden Lichter, wo der Zug mutmaßlich hält und wo sich die Türen befinden. Die Hoffnung der Bahn laut Pressemitteilung: „Die Fahrgäste stehen am Bahnsteig immer an der richtigen Stelle, das Einsteigen geht zügiger.“
Schön wär’s! Aber dieser Tage schaut doch niemand mehr auf den Boden, sondern immer aufs Handy. Damit irgendjemand ein Licht aufgeht, müsste die Bahn wohl parallel das Internet runterfahren. Und warum die Züge pünktlicher sein sollen, weil in Cannstatt ein paar Birnchen glimmen, bleibt im Dunklen. Genau wie die Bahnsteigkanten von Geradstetten, Schwaikheim, Oberesslingen oder Untertürkheim.