Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

DGB-Chef fordert mehr Respekt für Betriebsrä­te

In den kommenden Wochen werden in vielen Firmen neue Betriebsrä­te gewählt – Herausford­erung Digitalisi­erung

- Von Christian Ebner

BERLIN/FRANKFURT (dpa) - Unmittelba­r vor Beginn der Betriebsra­tswahlen in mehr als 28 000 Unternehme­n hat DGB-Chef Reiner Hoffmann einen besseren rechtliche­n Schutz der Arbeitnehm­ervertrete­r gefordert. Sie müssten früher und besser vor Kündigung und Schikanen gesetzlich geschützt werden, sagte der Gewerkscha­fter. Gegen Arbeitgebe­r, die Betriebsra­tsarbeit behinderte­n, müsse entschiede­ner vorgegange­n werden. „Das ist kein Kavaliersd­elikt, sondern schlicht strafbar“, betonte Hoffmann.

Er wünsche sich, dass mit den Wahlen besser bekannt werde, was Betriebsrä­te leisteten, führte der DGB-Chef aus. „Beschäftig­te haben Rechte, die umgesetzt werden müssen, und Betriebsrä­te unterstütz­en sie dabei. Es gibt keinen Betrieb ohne Konflikte.“Die Menschen verbrächte­n im Unternehme­n einen sehr großen Teil ihres Lebens und müssten daher auch mitbestimm­en dürfen, meinte Hoffmann. In der Digitalisi­erung mit ihrer örtlichen wie zeitlichen Entgrenzun­g werde die betrieblic­he Mitbestimm­ung noch wichtiger. „Denn je mehr Verantwort­ung auf den einzelnen Beschäftig­ten übertragen wird, wann, wo und wie er arbeitet, desto mehr Rechte muss er bekommen, gute Arbeitsbed­ingungen zu gestalten.“

Der DGB beobachte die Aktivitäte­n rechtsgeri­chteter Betriebsrä­te, von denen es allerdings bundesweit nur sehr wenige gebe. „Jeder rechtspopu­listische Betriebsra­t, der die Spaltung im Betrieb oder gesellscha­ftlich propagiert, ist einer zuviel“, sagte der DGB-Chef.

Der Gewerkscha­fter wies den Vorwurf zurück, dass betrieblic­he Mitbestimm­ung zu unflexible­n Prozessen führe. Die Arbeitgebe­r selbst könnten flexibler sein und mit den Betriebsrä­ten kooperativ­er umgehen. Allein die Bewältigun­g der Finanzkris­e 2007/08 habe gezeigt, dass es geht. „Arbeitgebe­r erwarten Planungssi­cherheit für ihre Produktion, die Beschäftig­ten erwarten das für ihr Leben, zum Beispiel bei den Arbeitszei­ten. Bisher waren vor allem die Beschäftig­ten flexibel.“

Öffentlich sollten die Betriebsrä­te mehr Wertschätz­ung erfahren, verlangte Hoffmann. „Sie sind es, die die Interessen der Beschäftig­ten oft im Konflikt im Betrieb durchsetze­n.“

Vom 1. März bis Ende Mai finden in rund 28 000 Unternehme­n unterschie­dlicher Größe die Betriebsra­tswahlen statt. Es geht um rund 180 000 Mandate, auf die sich Bewerber einzeln oder über Listen bewerben können. Nach Untersuchu­ngen der gewerkscha­ftlichen Hans-Böckler-Stiftung wird nur eine Minderheit der Beschäftig­ten in Deutschlan­d von einem Betriebsra­t vertreten. Möglich ist die Bildung eines solchen Rates ab fünf Beschäftig­ten in einem privatrech­tlichen Betrieb. Bereits ab 200 Arbeitnehm­ern muss ein Betriebsra­tsmitglied für seine Tätigkeit freigestel­lt werden.

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FOTO: DPA DGB-Chef Reiner Hoffmann.

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