Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der Hype um Vero: Was steckt hinter dem sozialen Netzwerk?

Werbefrei und ohne Algorithme­n: Die Smartphone-App Vero will neuartig sein, ähnelt der Konkurrenz aber mehr, als es auf den ersten Blick scheint

- Von Christoph Zeiher

BERLIN (dpa) - Das neue Facebook, das neue Twitter, das neue Instagram: Seit Tagen wird die Smartphone-App Vero als Nachfolger bekannte Sozialer Netzwerke gehandelt. Tatsächlic­h kommt die Anwendung als eine Art Mischung bisheriger Angebote daher. Wirkliche Neuerungen bietet die App nach Einschätzu­ng von Experten nicht.

Ein Netzwerk ohne Werbung will Vero nach eigenen Angaben sein. Man wolle so vor allem junge Nutzer ansprechen, die sich durch Werbeeinbl­endungen belästigt fühlten, heißt es auf der Homepage des Unternehme­ns. Noch ist die App zwar gratis, irgendwann aber sollen zahlende Abonnenten die Anwendung finanziere­n. Als weitere Besonderhe­it wollen die Macher von Vero keinen Algorithmu­s einsetzen, der die Beiträge der Nutzer sortiert.

Ganz neu sind diese Aspekte allerdings nicht. „Die Besonderhe­iten von Vero sind eigentlich alles Dinge, die Facebook, WhatsApp oder Instagram früher auch hatten“, sagt der Kölner Social-Media-Experte und Wirtschaft­sjurist, Felix Beilharz. „Auch Facebook hat früher ohne Algorithmu­s funktionie­rt. Ab einer bestimmten Größe geht das aber nicht mehr, weil die User dann täglich Tausende Beiträge in ihrem Feed hätten“, so Beilharz. Werbefrei seien auch Facebook, Twitter und Instagram zu Beginn gewesen.

Auch deshalb prognostiz­iert der Experte Vero keine lange Halbwerts- zeit. Die Anwendung sei schlicht zu ähnlich im Vergleich zur Konkurrenz: „Es kann daher gut sein, dass das in einem halben Jahr wieder vorbei ist.“Ähnlich erging es bereits Apps wie Ello vor rund zwei Jahren oder Mastodon im vergangene­n Jahr.

Auch beim Thema Datenschut­z weckt der Newcomer Bedenken. So verlangt Vero zur Anmeldung zwingend eine Telefonnum­mer – unter anderem um die Echtheit der Nutzer zu überprüfen, wie es heißt. „Es ist natürlich fragwürdig, ob das sinnvoll ist“, sagt Karola Elbrecht, Rechtsexpe­rtin der Verbrauche­rzentrale. Besonders ärgerlich sei es, dass man vor dem Herunterla­den nicht darüber informiert werde.

In den vergangene­n Tagen hatten einige Prominente und Influencer ihren Beitritt zu Vero verkündet – in Deutschlan­d unter anderem der Sänger Casper und der Moderator Klaas Heufer-Umlauf mit seiner neuen Sendung „Late Night Berlin“. Allerdings melden sich auf Twitter auch vermehrt Nutzer zu Wort, die sich schon wieder von Vero verabschie­den. Unter dem Hashtag #deletevero (zu Deutsch: Vero löschen) posten viele ihre Absage an das gehypte Netzwerk – auch weil sie den Machern der App misstrauen.

Seit 2015 gibt es Vero. Hinter der App steht der umstritten­e Milliardär Ayman Hariri, Sohn des ehemaligen libanesisc­hen Ministerpr­äsidenten Rafic Hariri. Aus Frustratio­n mit den bisherigen Netzwerken habe er Vero damals gegründet, heißt es auf der Homepage des Unternehme­ns.

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FOTO: KAY NIETFELD Die App Vero wird als Nachfolger der sozialen Netzwerke gehandelt. Tatsächlic­h bietet die Anwendung eine Art Mischung bisheriger Angebote, wie Facebook, Instagram und Twitter.

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