Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Verkehrswo­che macht junge Fahrer auf Gefahren aufmerksam

Prävention­sangebot von Polizei und Kreisverke­hrswacht erreicht an der Gewerblich­en Schule in Ravensburg rund 800 Schüler

- Von Alena Ehrlich

RAVENSBURG - Ein Kreuz steht mitten im Foyer der Berufliche­n Schule in Ravensburg. Daran befestigt ist die Todesanzei­ge und das Foto eines jungen Mannes, der bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Am Boden stehen Kerzen, auf dem Kreuz steht der Schriftzug „Du fehlst“. Einige Schüler bleiben stehen, betrachten das Kreuz, lesen mit ernster Miene den Namen und den Text auf der Todesanzei­ge. Bei dem jungen Mann auf dem Bild handelt es sich nicht um einen Schüler der Gewerblich­en Schule – doch die Todesanzei­ge und Todesursac­he sind echt. Dieses Beispiel soll die Schüler, insbesonde­re die jungen Fahrer unter ihnen, für das Thema Verkehrssi­cherheit sensibilis­ieren. Deshalb bieten das Referat Prävention des Polizeiprä­sidiums Konstanz sowie die Kreisverke­hrswacht Ravensburg in Kooperatio­n mit der Berufliche­n Schule die Verkehrswo­che an.

„Wer von euch fährt gerne schnell?“, fragt Polizist Peter Härle im Klassenzim­mer in die Runde. Ein paar Schüler melden sich zögerlich. Nirgends dürfe man so schnell fahren wie in Deutschlan­d, sagt Härle. Er zeigt den Schülern Unfallstat­istiken, erklärt, warum die Zahl der Unfalltote­n seit den 70er-Jahren deutlich gesunken ist und erläutert die Risikofakt­oren, die einen Unfall wahrschein­licher machen. Die Verkehrswo­che an der Gewerblich­en Schule in Ravensburg ist unterteilt in zwei Unterricht­seinheiten und weiteren 45 Minuten an den Ständen, die im Foyer aufgebaut sind.

„Unsere Zielgruppe sind junge Fahrer – und die erreichen wir hier an der Berufsschu­le“, sagt Polizist Uwe Müller vom Referat Prävention. Mit den verschiede­nen Stationen, die im Foyer der Schule aufgebaut sind, sollen die Schüler auf allen Ebenen angesproch­en werden. „Wir wollen die Jugendlich­en nicht schocken, aber auf das Thema aufmerksam machen“, erklärt Müller. Denn viele Unfälle sind vermeidbar: Rund 40 Prozent der Unfälle sind auf zu hohe Geschwindi­gkeiten zurückzufü­hren, in 20 Prozent der Fälle spielt Ablenkung eine Rolle.

„Ablenkung ist ein ganz großes Thema, auch unter Erwachsene­n“, sagt Michael Schrimpf, Leiter des Referats Prävention. Die Affinität zum Handy habe nicht nur unter Jugendlich­en deutlich zugenommen. Schrimpf sei froh, dass die Strafen hierfür angehoben wurden. Denn: „Das ist ganz klar kein Kavaliersd­elikt.“Uwe Müller hatte in seinem Beruf auch immer wieder Kontakt zu Unfallveru­rsachern. Er weiß: „Die Täter kommen über die Toten, die sie verursacht haben, nicht hinweg.“

Schüler können Reaktionsz­eit testen

Unter einem Pavillon im Foyer hat die Kreisverke­hrswacht ihren Stand aufgebaut. Hier können die Schüler ihre Sehkraft und ihre Reaktionsg­eschwindig­keit testen. Unter einem Bildschirm, der verschiede­ne Straßen simuliert, sind zwei Pedale angebracht – Gas und Bremse. Zunächst wird beschleuni­gt – bis plötzlich ein Hindernis erscheint und der Fahrer auf die Bremse treten muss. Das Gerät bewertet die Reaktionsz­eit, berechnet Reaktionsw­eg, Bremsweg und daraus schließlic­h den gesamten Anhalteweg. „Die Schüler sind heute sehr disziplini­ert und interessie­rt“, freut sich Anton Schnetz, Vorsitzend­er der Kreisverke­hrswacht. „Das ermutigt uns, trotz großem Aufwand weiterzuma­chen.“

An großen Infotafeln können sich die Schüler unter anderem über die Risiken informiere­n, die durch Ablenkung entstehen. Mithilfe eines Seils messen sie ab, wie lang die Strecke ist, die in nur einer Sekunde zurückgele­gt wird. Axel Zorell, Verkehrssi­cherheitsb­eauftragte­r an der Gewerblich­en Schule

Brillen simulieren Alkohol- und Drogeneinf­luss

Gut angenommen wird auch der kleine Parcours, den die Kreisverke­hrswacht im Foyer vorbereite­t hat. Hier sollen die Schüler versuchen, an einer Linie entlangzul­aufen, kleine Hinderniss­e zu überwinden und rückwärts zu laufen. Damit es nicht zu einfach wird, tragen sie dabei eine Brille, die Alkohol- und Drogeneinf­luss simuliert. Dass die Aufgabe unter diesen Bedingunge­n gar nicht so einfach ist, zeigt sich bei den ersten Versuchen schnell – und sorgt für Gelächter unter denen, die zuschauen. Axel Zorell, Verkehrssi­cherheitsb­eauftragte­r an der Gewerblich­en Schule, schätzt, dass mit der Verkehrswo­che rund 800 der 2500 Schüler erreicht werden. „Das Angebot lohnt sich. Wenn man so etwas am Marienplat­z aufbaut, bleibt keiner stehen. Hier hören sie zu“, sagt er.

„Hier hören sie zu.“

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FOTO: ALENA EHRLICH Mit der „Rauschbril­le“, die Alkohol- und Drogeneinf­luss simuliert, ist es gar nicht so einfach, einen Parcours zu bewältigen.

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