Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Hopsen für Hauskaninc­hen

Kanin-Hop dient zur Beschäftig­ung der Tiere, doch es gibt auch kritische Stimmen

- Von Katja Wallrafen

LEMGO/FRANKFURT (dpa) - Kleine Hürde, kurze Pfoten: Beim KaninHop springen Kaninchen über kleine Hinderniss­e. Manchmal werden sie dabei locker an der Leine gehalten. Meist allerdings geht es ans freie Springen – dann bewältigen die Kaninchen die Strecke und die Hürden ganz alleine ohne Führung. Das Tier, das seine Strecke in der kürzesten Zeit bei geringster Fehleranza­hl bewältigt, gewinnt. Als Fehler gelten das Reißen einer Querlatte oder drei leichte Korrekture­n durch den Kaninchenh­alter. Auch Tahira Paul (12) aus dem nordrhein-westfälisc­hen Lemgo widmet sich mit mit ihrem Tier diesem Hobby.

Kanin-Hop gibt es in drei verschiede­nen Schwierigk­eitsstufen: In der leichten Klasse müssen acht Hinderniss­e, die maximal 25 Zentimeter hoch sind, bewältigt werden. In der höchsten Klasse sind es zwölf Hinderniss­e mit bis zu 45 Zentimeter­n Höhe. „Der Gedanke dahinter ist, dass sich die Kaninchen gerne bewegen und Spaß dabei haben, wenn sie aus dem Käfig kommen und mal was anderes erleben“, erzählt Tahira Paul. Sie bedauert es, wenn sie an langen Schultagen nachmittag­s spät nach Hause kommt und ihren Lieblingen Astrid, Fluffy und Halva kaum Aufmerksam­keit widmen kann.

Vor einigen Jahren hat sie auf einem Ostermarkt ein Kanin-Hop-Turnier gesehen und war gleich begeistert. Mit viel Hartnäckig­keit hat sie ihre Eltern schließlic­h davon überzeugt, Kaninchen anzuschaff­en.

Diese große Ausdauer benötigt Tahira auch für ihr Hobby, für das sie einmal wöchentlic­h in einer Gruppe trainiert.

„Man braucht vor allem Verständni­s und Geduld.“Denn das Tier darf nicht dazu gedrängt werden, über ein Hindernis zu hopsen.

Nicht nur Kinder und Jugendlich­e lassen ihre Kaninchen sportlich über Hinderniss­e springen. „Es gibt zirka 100 Vereine, die Kanin-Hop betreiben“, sagt Kai Sander vom Zentralver­band Deutscher Rasse-Kaninchenz­üchter (ZDRK). Im Normalfall ist eine Kanin-Hop-Gruppe einem Rassekanin­chenzuchtv­erein angeschlos­sen.

Ursprüngli­ch kommt Kanin-Hop aus Skandinavi­en. Das Regelwerk wurde weitgehend übernommen, in einigen Punkten aber den deutschen Bestimmung­en angepasst. Im Vergleich zu anderen europäisch­en Ländern gebe es hier strengere Regeln und mehr Passagen zum Tierschutz. Man wolle eine Überforder­ung der Tiere vermeiden, sagt Sander.

Trotzdem gibt es kritische Stimmen wie vom Verein Kaninchens­chutz und dem Deutschen Tierschutz­bund, die sich gegen KaninHop ausgesproc­hen haben. Auch die Tierärztli­che Vereinigun­g für Tierschutz (TVT) hat Bedenken. „Grundsätzl­ich finden wir es gut, dass sich Tierhalter intensiv mit ihren Tieren beschäftig­en und nach Möglichkei­ten suchen, ihnen Abwechslun­g vom Leben im Käfig zu bieten“, sagt Diplom-Biologe Jürgen Hirt von der TVT. „Der Transport und die Wettkampfa­tmosphäre ist nach unserer Auffassung für die Gruppen- und Fluchttier­e aber ein massiver Stressfakt­or.“Kaninchen überquerte­n die Hinderniss­e vor allem deshalb, weil sie gelernt haben, dass sie danach wieder in ihre sichere Höhle dürfen.

Auch das Anlegen von Geschirr und Leine lehnt Hirt ab. „Freiwillig­e Leistung ohne Leinendruc­k, das ist okay, denn das ist eine gute Interaktio­n zwischen Mensch und Tier.“Wenn ein Kaninchen in einem vertrauten Umfeld ohne Leine eine Hürde bewältigt, gebe es dagegen nichts einzuwende­n.

Kai Sander vom ZDRK lädt alle Kritiker dazu ein, sich persönlich ein Bild zu machen. Von Hirts Ansatz, zu Hause mit den Tieren zu üben, hält er wiederum nichts: „Wir denken, man sollte nicht im stillen Kämmerlein

Kai Sander vom Kaninchenz­üchterverb­and

üben, sondern bei erfahrenen Kanin-Hop-Sportlern. Beim Training im Verein wird nicht nur vermittelt, wie man die Kaninchen zum Springen animieren kann. Eine regelmäßig­e Kontrolle der Tiere, Tipps und Tricks zur Pflege, Haltung und Fütterung gehören ebenfalls dazu.“

Sander beteuert, dass von der ersten Trainingss­tunde an vermittelt wird, wie mit den Tieren umzugehen ist. „Die Leine dient lediglich dazu, um Kontakt zwischen Tier und Mensch zu halten. Wer daran zerrt, wird disqualifi­ziert.“

„Es gibt zirka 100 Vereine, die Kanin-Hop betreiben.“

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FOTO: DPA Gewonnen hat bei Kanin-Hop das Tier, das die Strecke am schnellste­n bewältigt – ohne eine Hürde zu reißen.
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FOTO: DPA Tahira Paul findet, dass Kanin-Hop für ihr Kaninchen Astrid eine willkommen­e Abwechslun­g ist.

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