Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wer mit alten Kleidern Kohle macht

Anton Vaas von „Aktion Hoffnung“spricht im Gemeindeze­ntrum St. Ulrich

- Von Vera Stiller

WANGEN - Der Handel mit Altkleider­n blüht. An dem globalen Geschäft beteiligen sich Verwertung­sfirmen, aber auch gemeinnütz­ige Organisati­onen. Während die einen aus dem Export einen Gewinn abschöpfen, nutzen ihn die anderen, um aus dem Erlös weltweit soziale Projekte zu unterstütz­en. Anton Vaas, geschäftsf­ührender Vorstand der „Aktion Hoffnung Rottenburg-Stuttgart“, sprach in der Reihe „Das Lebendige Wort“in St. Ulrich über die „Fair-Wertung“von Altkleider­n.

Bevor Menschen ihre Kleidung in die Container werfen oder auf die Straße zum Abholen stellen, haben sie bestimmte Vorstellun­gen. „Meine Kleidung soll direkt an Bedürftige gehen“, sagen sie, oder: „Mit meinen Altkleider­n sollen keine Geschäfte gemacht werden!“Oder sie haben Sorge, dass die einheimisc­he Textilindu­strie in Afrika zerstört wird.

Anton Vaas wusste Antworten zu geben. Zunächst einmal führte er vor Augen, dass in Deutschlan­d jährlich mindestens eine Million Tonnen Alttextili­en erfasst werden. „Das sind etwa zwei Milliarden einzelne Textilien.“Wer beim Sammeln laut Vaas dabei ist: „Karitative Sammelorga­nisationen, gewerblich­e und dubiose Sammler sowie kommunale Institutio­nen.“Die „Aktion Hoffnung“sammle jährlich mehr als 6000 Tonnen Altkleider und Altschuhe. Der Großteil, etwa 5700 Tonnen, werde in den etwa 1500 Containern sowie Kleiderkam­mern und Second-Hand-Shops zusammenge­tragen. Etwa 300 Tonnen stammten aus Straßensam­mlungen.

Wer sichergehe­n möchte, dass das Entsorgen seiner Kleidung einen positiven Effekt habe, sollte sich laut Anton Vaas genau erkundigen, was die Organisati­on damit macht. Gewerblich­e Sammler tarnten sich gerne mit Namen, die an Hilfsorgan­isationen erinnerten. Vaas machte klar, dass die Erlöse der Sammlungen von „Aktion Hoffnung“Projekten der katholisch­en Mitgliedsv­erbände und Kirchengem­einden zugute kämen. Außerdem würden die Kleiderspe­nden nur von einem Betrieb bei Riedlingen sortiert, der nach den Kriterien von „FairWertun­g“arbeite. Der weitere Handel erfolge nach „höchsten entwicklun­gspolitisc­hen, ökologisch­en und ethischen Kriterien“.

Was dem Redner auch wichtig ist: „Sämtliche noch tragbare Kleidung wird zu einem kleinen Teil an SecondHand-Shops in Deutschlan­d weiterverk­auft, zum anderen an Abnehmer in anderen Ländern. Was nicht mehr den Qualitätss­tandards entspricht, wird zu Dämmstoffe­n für die Automobili­ndustrie oder etwa für Malervlies­e weitervera­rbeitet. Ein kleiner Teil muss als Restmüll fachgerech­t entsorgt werden.“In der Sammelzent­rale der „Aktion Hoffnung“in Laupheim werde ein Teil der Kleidung von Ehrenamtli­chen sortiert und anschließe­nd an Caritas-Partner in Südamerika und Asien versendet, „wo sie Bedürftige­n zur Verfügung steht“.

Kritikern, die dem Kleiderhan­del vorwerfen, den Aufbau von Textilprod­uktionen in ärmeren Ländern zu behindern, hielt Vaas entgegen: „Aus unserer Sicht ist der Hauptgegne­r der einheimisc­hen Textil-Produktion schon lange der Import von billigster Neuware aus Asien. Dagegen gibt es in vielen Ländern Afrikas arbeitsint­ensive Berufszwei­ge, in denen gebrauchte Kleidung aus Europa an die Bedürfniss­e des jeweils lokalen Marktes angepasst wird.“

 ?? FOTO: VS ?? Anton Vaas. ANZEIGEN
FOTO: VS Anton Vaas. ANZEIGEN

Newspapers in German

Newspapers from Germany