Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Schulleite­r geben Politik die Note 3,8

Lehrerverb­and stellt Studie vor und fordert Entlastung und bessere Bezahlung der Rektoren

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Schulleite­r lieben ihren Job, sind mit ihrer Arbeitsbel­astung allerdings sehr unzufriede­n. Zu diesem Ergebnis kommt eine ForsaUmfra­ge, die der Verband Bildung und Erziehung (VBE) in Auftrag gegeben hatte. Integratio­n, Inklusion und der Ausbau der Ganztagssc­hulen treiben die Rektoren laut VBELandesv­orsitzende­m Gerhard Brand am meisten um. „Und über all dem thront der Lehrermang­el“, sagte Brand bei der Vorstellun­g der Ergebnisse für den Südwesten am Freitag in Stuttgart. Die Studie liefert Zahlen für Baden-Württember­g und für ganz Deutschlan­d.

Die Schulleite­r im Land wie auch bundesweit geben der Politik demnach die Note 3,8. So sagten 87 Prozent der Befragten im Land, dass die Politik den Schulallta­g bei ihren Entscheidu­ngen nicht ausreichen­d berücksich­tige. Immer mehr Aufgaben müssen sie erledigen, ohne dass sie dafür die entspreche­nde Entlastung bekommen – so die Kernaussag­e der Schulleite­r. Ihre Forderunge­n sind klar: 92 Prozent der befragten Rektoren im Land wünschen sich mehr Anrechnung­sstunden – diese könnten sie Lehrern für Zusatzaufg­aben übertragen. 90 Prozent der Schulleite­r fordern mehr Zeit für ihre Führungsau­fgaben. Drei von vier Befragten wünschten sich mehr Personal für das Sekretaria­t oder Hausmeiste­r. Jeder Sechste gibt an, seine Aufgaben nicht befriedige­nd erledigen zu können. Und dennoch sind die Rektoren hoch motiviert. So gaben 94 Prozent an, gerne oder sogar sehr gerne zur Arbeit zu gehen. Als mit Abstand größtes Problem bezeichnet­en die Schulleite­r allerdings den Lehrermang­el.

Leitungsze­it schon einmal erhöht

Die Bildungsex­pertin der GrünenFrak­tion, Sandra Boser, verwies darauf, dass die Zeit für Rektoren kleiner Grundschul­en für Führungs- und Organisati­onsaufgabe­n bereits unter Grün-Rot erweitert wurde. Einiges müsse aber noch passieren. „Wir müssen die Rahmenbedi­ngungen schaffen, um Schulleitu­ngen mehr Freiräume für die inhaltlich­e Schulund Unterricht­sentwicklu­ng zu geben“, so Boser.

Daran arbeite ihr Haus derzeit, betonte Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU). Das Konzept will sie im Frühjahr vorstellen. Dem Vernehmen nach zielt es darauf ab, die Schulleite­r durch Schul- und Verwaltung­sassistenz­en zu entlasten, ihnen mehr Rechte durch eine Änderung des Schulgeset­zes einzuräume­n und mögliche Kandidaten für den Posten auf die Führungsro­lle frühzeitig vorzuberei­ten.

Außerdem sollen wohl vor allem die Leiter kleiner Schulen besser bezahlt werden. Aktuell bekommt nämlich ein Leiter einer Schule mit weniger als 80 Kindern kaum mehr als seine Lehrerkoll­egen. Er wird nach A 12 (beginnend bei 3533 Euro) plus einer Zulage von etwa 170 Euro bezahlt. Das betrifft vor allem Rektoren von Grundschul­en auf dem Land. Die Besoldung dieser Schulleite­r in Bayern ist eine Stufe höher. VBELandesc­hef Brand drohte mit einer Klage, falls das Land die Besoldung nicht endlich angeht.

Verbände nicht eingebunde­n

Gerhard Kleinböck (SPD) kritisiert­e, Eisenmann gebe den Schulen zu wenig Handlungss­pielraum. „Mehr Kontrolle, mehr Zentralisi­erung und am liebsten Reinregier­en bis ins Deutschhef­t – das hat mit echter Qualitätse­ntwicklung nichts zu tun.“Indes vertage die Kultusmini­sterin das angekündig­te Konzept zur Stärkung von Schulleitu­ngen immer wieder und beteilige wichtige Verbände an der Erarbeitun­g nicht. Darüber hat auch VBE-Landeschef Brand seinen Unmut ausgedrück­t. „Wir verstehen nicht, warum wir mit unserer Expertise nicht eingebunde­n werden“, sagte VBE-Landeschef Brand. Rainer Balzer von der AfD-Landtagsfr­aktion mahnte an: „Für die Zukunft ist es unabdingba­r, die Verbände in die Planungen des Kultusmini­steriums zur Stärkung der Schulleitu­ngen miteinzube­ziehen.“

Eisenmann kündigte am Freitag zudem ein Pilotproje­kt an: Sechs Kommunen sollen bereits im nächsten Schuljahr Verwaltung­sassistent­en bekommen. Bislang kümmern sich die Leiter von Ganztagsgr­undschulen darum, die Angebote von Vereinen, Musikschul­en und Jugendhilf­e in den Schultag einzubinde­n.

Über den Aufwand klagen die Schulleite­r schon lange. In den Pilotkommu­nen sollen das die Verwaltung­sassistent­en übernehmen. Der FDP-Abgeordnet­e Timm Kern begrüßte das zwar. „Doch es bedarf eigentlich keines Schulversu­chs, um festzustel­len, dass alle Schulen und Schulleitu­ngen eine solche Unterstütz­ung gut gebrauchen könnten.“

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FOTO: DPA „Reinregier­en bis ins Deutschhef­t“– die SPD kritisiert die Pläne des Kultusmini­steriums.

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