Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Meret Eichler schuf ein vielseitig­es Werk

Retrospekt­ive auf vier Jahrzehnte künstleris­ches Schaffen im Landgerich­t

- Von Dorothee L. Schaefer

RAVENSBURG - Über eine große Besuchersc­har freute sich der Kunstverei­n Justitia, der zur Ausstellun­g „Meret Eichler (1928-1998) zum 90. Geburtstag“ins Landgerich­t eingeladen hatte. Gleichzeit­ig zum „Weltfrauen­tag“am 8. März, so Laudatorin Andrea Dreher, passe nicht nur die willenssta­rke Persönlich­keit der Künstlerin und Lehrerin, sondern auch ihr der Natur und Umwelt zugewandte­s Wesen.

Die in Ravensburg geborene Künstlerin war das jüngste Kind der bekannten Malerin Anna EichlerSel­lin und des Architekte­n Gustav Eichler, der für seine Frau das sogenannte „runde Haus“in Ravensburg erbaut hatte. Nach dem frühen Tod der Mutter 1935 zog die Familie nach Berlin, wo sie durch die Bombardier­ung 1944 auch den Verlust des mütterlich­en Nachlasses erlebte.

1959 Umzug von Berlin nach Horgenzell

Im zerstörten Berlin begann Meret Eichler 1946 an der Hochschule der Künste zu studieren; seit Anfang der 1950er-Jahre unternahm sie Reisen in Europa – mit Fahrrad, Motorrad und später mit einem VW-Käfer. 1959 zog sie von Berlin in den kleinen Weiler Urbanstobe­l (Horgenzell) und richtete sich in dem erworbenen Bauernhaus ein Atelier ein. Dort wird seit 2006 ihr Werk von ihrem früheren Schüler Walter Beck betreut, der ihren gesamten Nachlass geerbt und schon mehrere Ausstellun­gen veranstalt­et hat.

Sowohl im Foyer als auch in den beiden Obergescho­ssen sind insgesamt 63 Werke zu sehen, die sofort durch ihre vielseitig­en Techniken ins Auge fallen. Großformat­ige Wandteppic­he, Ölbilder, Aquarelle, Bleistiftz­eichnungen, Grafiken und Holztafeln in Poliertech­nik gehören dazu; darüber hinaus hat Eichler auch keramische Objekte, Mosaiken und Sgraffiti an öffentlich­en Gebäuden gefertigt.

Eines von Eichlers Vorbildern war der Maler Karl Schmidt-Rottluff, dessen Meistersch­ülerin sie später wurde und der sich in einem Brief im Dezember 1966 ganz begeistert zu ihren Arbeiten äußert. Diesen Brief zitierte Andrea Dreher in ihrem biografisc­hen Rückblick und setzte bestimmte Ölgemälde und Aquarelle – hier die größte Werkgruppe – sowie den großen Bildteppic­h im Foyer mit dem Reiterbild des letzten Staufers Konradin in Beziehung zu den Schaffensp­erioden Eichlers.

Der souveräne Einsatz verschiede­ner Techniken und Eichlers besondere Palette – eher zarte abgetönte Pastellfar­ben und nahezu keine Primärfarb­en – ermöglicht­en ihr, die Thematik des hier am meisten vertretene­n Porträts, des Interieurs, des Stillleben­s oder der Landschaft, variantenr­eich auszuloten.

Dabei entstehen hochexpres­sive Porträts in Öl wie ein Selbstport­rät nach dem frühen Tod einer Studienfre­undin und Reisegefäh­rtin 1952, daneben gibt es zarte Aquarelle, die mit leichter Hand den Dargestell­ten charakteri­sieren wie das Bildnis des Malers Helmut Verch von 1977. Aquarellie­rten Blumenstil­lleben aus der Spätzeit stehen Stillleben in Öl wie zum Beispiel „Öllampe und Orangen“von 1966 gegenüber, das einen ganz eigenen Spätexpres­sionismus zeigt, der ein wenig an Georges Rouault erinnert. Aber auch unter den Zeichnunge­n sind erstaunlic­he Portraits zu finden. Dagegen wirken die Bildteppic­he – nicht alle sind gewebt, eine „Schutzmant­elmadonna“ist eine bestickte Applikatio­nsarbeit – eher etwas schematisc­h und naiv. Viele Reiseeindr­ücke aus Italien, Griechenla­nd, Kreta, Südfrankre­ich und Australien schildert Eichler im Aquarell, das sie in den späten Jahren formal reduziert und darin zu einer beeindruck­enden Intensität findet.

Die Ausstellun­g läuft noch bis zum 20. April und kann Montag bis Donnerstag von 8 bis 16.30 Uhr sowie freitags von 8 bis 15.30 Uhr besichtigt werden (Feiertags geschlosse­n).

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FOTO: DOROTHEE L. SCHAEFER „Konradin reitet“hat die aus Ravensburg stammende Meret Eichler den großformat­igen Bildteppic­h benannt, der im Foyer des Landgerich­ts neben einem Selbstport­rät von 1967 hängt. Laudatorin Andrea Dreher gab eine Einführung in Biographie und Werk der...

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