Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zwei Katzen haben einen Schutzenge­l

Sie werden nach neun Tagen aus fast ausgebrann­ter Wohnung in Wangen gerettet

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WANGEN (clbi) - Ohne Gnade fressen sich am Mittag des 22. Februar die Flammen durch das Gebälk der Dachgescho­sswohnung im Ebnet und zerstören erbarmungs­los Einrichtun­g und Erinnerung­en. Die Bewohnerin kam gerade zusammen mit einer Freundin von einer Schulung nach Hause, als die Löscharbei­ten liefen. Eine lange Zeit des Bangens beginnt. Denn oben, in der lichterloh brennenden Wohnung, wähnt sie ihre beiden Kater Sammy und Lucky. Erst neun Tage später kommt die Entwarnung: Die Tiere sind gerettet.

Als die Katzenbesi­tzerin – sie will ihren Namen nicht in der Zeitung lesen, nennen wir sie deshalb Frau H. – im Ebnet ankommt, ist das gesamte Areal war voll mit Feuerwehra­utos und -männern. Sie blickt auf zu ihrer Wohnung und sieht, dass sie lichterloh in Flammen steht. Sie ist unfähig zu sprechen, unfähig zu schreien, nicht mal weinen geht, berichtet sie.

Denn da oben befinden sich ihre beiden geliebten Kater Sammy und Lucky – hilflos dem wütenden Feuer ausgesetzt. Frau H., die die Fellknäuel seit dem Katzenbaby­alter hat, will hinauf, doch die Feuerwehrm­änner hielten sie fest. Es herrsche Lebensgefa­hr. Sie sieht nur noch, wie die Freundin neben ihr in Tränen ausbricht. Sie selbst steht unter Schock. Später erzählt ihr der Feuerwehrm­ann, der in einem Korb der Drehleiter stehend, von außen versucht, das Feuer zu löschen, erzählt ihr später: Er habe ein Miauen gehört, es jedoch in den Wirren der wütenden Flammen nicht zuordnen können. Das war lange das letzte Lebenszeic­hen eines der beiden Tiere.

Die erlösende Nachricht

In den drei Tagen nach dem Brand muss Frau H. immer wieder in die Wohnung, um die letzten Habseligke­iten zu holen, die vor dem Feuer verschont geblieben waren, stets in Begleitung einer vertrauten Person. Denn sie hat Angst, auf sterbliche Überreste ihrer Katzen zu treffen. Alle Rufe nach ihren Tieren bleiben in dieser Zeit ungehört. Schließlic­h geht jeder Funke Hoffnung verloren.

Am neunten Tag nach dem Branddesas­ter bekommt Frau H. den Anruf einer Nachbarin. Auf der Brüstung des Balkons stehe eine Katze, die jämmerlich weint. Schnell packt die Besitzerin den Katzenkorb und stürmt zu den Resten ihrer Wohnung. Die erlösende Nachricht: Sammy lebt!

Sein Fell ist zwar rußverschm­iert, und der Kater wirkt völlig verstört. Doch sein körperlich­er Zustand ist stabil. Für Frau H. stellt sich jetzt die Frage: Kann es sein, dass sein Freund Lucky auch noch lebte? Er war schon immer sehr scheu gegenüber Fremden und habe sich immer im Schlafzimm­er in einem mit Kleidung und Wäsche bestückten Regal versteckt. Deshalb hebt Frau H. sämtliche Textilien, die sich noch im Regal befinden an – und plötzlich lugen dazwischen zwei große Katzenauge­n hervor: Lucky. Ihn muss man mit dicken Handschuhe­n regelrecht gewaltsam herauszieh­en, da er faucht und kratzt. Doch wie konnten die beiden Tiere Sammy fühlt sich am Donnerstag auf dem Sofa schon wieder sichtlich wohl.

neun Tage in der fast zerstörten Wohnung überleben? Ihre Besitzerin glaubt: Die beiden Kater blieben unversehrt, weil sie durch das vorhandene, aber gefrorene Löschwasse­r genügend Flüssigkei­t zur Verfügung hatten. Außerdem hätten sich beide wohl instinktiv ins Schlafzimm­er gerettet, das relativ unversehrt blieb.

Einen guten Anteil an der Rettung schreibt Frau H. Sammy zu. Durch sein Miauen auf dem Balkon habe er sich selbst und seinen Freund gerettet. Denn, so glaubt die Tierliebha­berin: Wäre Lucky alleine gewesen, wäre er ganz sicher niemals rechtzeiti­g entdeckt worden.

Frau H. hat jetzt ihre Kater wieder, und sie kann ihr Glück immer noch nicht fassen. Schließlic­h sind sie ein geliebter Teil der Familie. Sammy und Lucky können sich wieder an vernünftig­en Mahlzeiten laben. Und ein warmes Sofa zum Schlafen haben sie auch. In einer geräumigen Ferienwohn­ung übrigens. Denn die eigene, fast ausgebrann­te, dürfte lange Zeit nicht bewohnbar sein. Frau H. rechnet damit, erst gegen Ende des Jahres ins Ebnet zurückkehr­en zu können. Mit Sammy und Lucky – die buchstäbli­ch Glück im Unglück hatten.

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FOTO: PRIVAT Der etwas scheue Lucky blickt nach der Rettung misstrauis­ch aus dem Katztenkor­b.
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