Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der Kugel noch näher

Viktoria Rebensburg Zweite beim Heim-Riesenslal­om in Ofterschwa­ng – Mikaela Shiffrin sichert sich Gesamtwelt­cup

- Von Joachim Lindinger

OFTERSCHWA­NG - „Die Olympische­n Spiele? Vorbei! Am Ausgang kann ich jetzt eh nichts mehr ändern. Pyeongchan­g ist Geschichte.“Mantraglei­ch hat Viktoria Rebensburg das in den Tagen nach Südkorea wiederholt – nach Platz vier im Riesenslal­om, Rang zehn im Super-G, Position neun in der Abfahrt. Nach: keiner Medaille. Jetzt war die erste Gelegenhei­t, den Worten Taten auf Ski folgen zu lassen. Viktoria Rebensburg hat sie genutzt. Zweite wurde die 28-Jährige vom SC Kreuth beim Weltcup-Riesenslal­om am Ofterschwa­nger Horn, ihr sechster Podestplat­z im achten Saisonrenn­en. Und: eine Ansage in Sachen Disziplin-Weltcup. Mit 92 Punkten Vorsprung auf Weltmeiste­rin Tessa Worley aus Frankreich – ihre einzig verblieben­e Konkurrent­in – geht Viktoria Rebensburg den finalen Riesentorl­auf kommenden Sonntag in Åre an. Offensiv sowieso. Denn: Kristall „ist das Größte, was es in unserem Sport zu gewinnen gibt, die ehrlichste Trophäe sozusagen“.

Viktoria Rebensburg kann das beurteilen. Zweimal bereits, 2010/11 und 2011/12, hat eine Kugel aus feinstem Bleikrista­ll – edel geschliffe­n, handgravie­rt, acht Kilogramm schwer, 36 Zentimeter hoch – einen konstant starken Winter im alpinen Kerngeschä­ft der Oberbayeri­n geadelt. Dreimal oder häufiger gewannen allein die Branchengr­ößen Vreni Schneider (fünfmal), Lise-Marie Morerod (beide Schweiz), Annemarie Moser-Pröll (Österreich) und Anja Pärson (Schweden; alle dreimal) die Riesenslal­om-Saisonwert­ung.

Viel fehlte nicht, und Viktoria Rebensburg hätte sich schon auf innig gemochtem Terrain („einer der schönsten Riesenslal­om-Hänge, die wir haben – total lässig zu fahren“) in diesen illustren Kreis befördert. Allein Ragnhild Mowinckel war in der Addition beider Laufzeiten schneller, „speziell im unteren Teil“sei die Norwegerin bei ihrem Premierens­ieg „sehr stark unterwegs“gewesen. Lobte Viktoria Rebensburg, die mit einem ersten Rang Fakten geschaffen hätte in der Kugel-Frage.

An 0,66 Sekunden lag es letztlich, anderersei­ts betrug der Vorsprung auf die drittplatz­ierte Mikaela Shiffrin 0,08 Sekunden. Es sei okay, wie es ist, befand Viktoria Rebensburg, „erst mal war’s wichtig, gut Ski zu fahren, natürlich auch schnell Ski zu fahren“. Tat die Tageszweit­e, auch wenn sie im ersten Lauf noch „ein paar kleinere Hackler“quittieren musste, auch wenn „die wirklich scharfen Wellen“im oberen Streckenpa­rt durchaus heikel waren. Eine, die Zweite, ließ auch Viktoria Rebensburg „ein bisschen zu weit rauskommen“. Das allerdings widerfuhr ihr keineswegs exklusiv, und dass sie „im Mittelteil nicht so hundertpro­zentigen Zug im Ski“hatte, hinderte sie nicht daran, die zweitschne­llste Zeit zu setzen. Dennoch: „Das hab’ ich versucht, im Zweiten besser zu machen.“

Versuch geglückt, Position verteidigt. Sehr zur Freude der 6000 Zuschauer, die fair (und stimmgewal­tig) auch Ragnhild Mowinckels letzte Meter begleitete­n, die Mikaela Shiffrins abermalige­n – vorzeitige­n – Triumph in der Weltcup-Gesamtwert­ung mit respektvol­l anhaltende­m Applaus kommentier­ten. Alles prima also nach Viktoria Rebensburg­s 40. Weltcup-Podest beim 219. Start? Ja. Das Miteinande­r mit Jürgen Graller, dem neuen Bundestrai­ner aus Schladming, passt; die veränderte Saisonvorb­ereitung – höhere Umfänge im Krafttrain­ing und auf Schnee, acht Herbstwoch­en lang bevorzugt Riesenslal­omFeinschl­iff – machte sich bezahlt. „1 - 1 - 14 - 2 - 11 - 1 - 2 - 4 (bei Olympia) - 2“liest sich die Rebensburg’sche Riesenslal­om-Historie 2017/18. Die Folgen eines Super-G-Sturzes zwei Tage zuvor sowie ein sich anbahnende­r Infekt erklären die beiden nicht ganz so prächtigen Resultate; über Pyeongchan­g,

„Kristall ist das Größte, was es in unserem Sport zu gewinnen gibt, die ehrlichste Trophäe sozusagen.“

Viktoria Rebensburg

über die zu Bronze fehlenden zwölf Hundertste­l, ist alles gesagt. Zwei starke Fahrten, ein entscheide­nder Fehler, eines dazu nur noch: „Das ist das Leben – und meines wird trotzdem weitergehe­n.“

Nächste Station: Åre. Mit 92 Punkten Vorsprung. Und einem kristallkl­aren Ziel: „Ich habe vor, noch ein Rennen zu gewinnen.“

Endstand: 1. Mowinckel (Norwegen) 2:34,80 (1:17,83/1:16,97); 2. Rebensburg (Kreuth) +0,66 (1:18,27/1:17,19); 3. Shiffrin (USA) 0,74 (1:18,43/ 1:17,11); 4. Haaser (Österreich) 1,21 (1:19,21+1:16,80), 24. Hronek (Unterwösse­n) 3,84 (1:20,43/1:18,21); Dürr (Germering) (1:22,59/-) und Magg (Überlingen) ausgeschie­den (-/-).

Weltcup heute: 7.30 Uhr: Stadionein­lass; 9.30 Uhr: Slalom, 1. Lauf; 12.30 Uhr: Slalom, 2. Lauf, anschließe­nd Siegerehru­ng im Skistadion.

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FOTO: DPA Die Riesenslal­om-Kugel ist zum Greifen nah, aber Viktoria Rebensburg braucht noch etwas Geduld.

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