Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Musikalität mit größerem Horizont
Pumeza Matshikiza und die Württembergische Philharmonie in Weingarten
WEINGARTEN - Den atemberaubenden Lockenschopf zu einer schönen Hochfrisur gebändigt, erschien die gefeierte Sopranistin Pumeza Matshikiza in roter Glitzerrobe auf der Bühne des Weingartener KuKo. Viele Besucher hatten sie bereits letztes Jahr in Salem mit Rolando Villazón bei einem Open Air im Juli erlebt und waren gespannt auf ein Wiedersehen mit der stimmgewaltigen Südafrikanerin. Zusammen mit der Württembergischen Philharmonie Reutlingen unter dem Dirigenten Johannes Klumpp war ein Querschnitt aus Opernmusik von Bizet, Ravel, Dvorák und Puccini zu hören sowie als Überleitung zum „afrikanischen“Teil Gershwin und Filmmusik von John Barry.
Die Philharmonie stand in großer Besetzung mit vierfacher Perkussion, großem Gong (für Puccini) und zwei Harfen bereit und bewies zu Beginn mit Emmanuel Chabriers donnernder Rhapsodie "España" in FDur – Chabriers beliebtestes Stück – wuchtige Klanggewalt und fast martialische Anmutung. So war der Rahmen eines populären Programms bereits abgesteckt. Zunächst blieb es „spanisch“: mit der Arie „Oh, la pitoyable aventure“aus Maurice Ravels einaktiger Oper „L'heure espagnole“von 1911, ein Stück, in dem Pumeza Matshikiza ihr gutturales Tremolo unter Beweis stellte, das faszinierend dunkel tönen kann. Wie im Übrigen auch in der Arie der Micaëla aus Bizets „Carmen“, die sie hochdramatisch aufbaute. Vorher hatte das Orchester die „CarmenSuite“Nr. 1 gespielt, in deren zweitem Satz „Intermezzo“Harfe und Flöten ein sensibles Tongeflecht bildeten. Nicht ohne Grund wird dieses Stück oft als Zugabe gespielt. Insgesamt jedoch kam es dem Dirigenten hier ganz auf rhythmische Schmissigkeit und Effekte an. Johannes Klumpp dirigierte mit Stab und mit beeindruckend eleganten Gesten der linken Hand sowie sparsamer Körpergestik, aber das Orchester schoss manchmal einfach in der Lautstärke über das Ziel hinaus wie in Puccinis Ouvertüre zum zweiten Akt „La Tregenda“der Oper „Le Villi“. Dafür entschädigten wiederum sehr schöne Bläsereinsätze wie gerade bei Bizet. Noch zwei Arien, die für die Stimme von Pumeza Matshikiza wie geschaffen erschienen, erklangen vor der Pause: das melancholische „Lied an den Mond“der Rusalka aus Dvoráks gleichnamiger Oper und die Arie „Donde lieta uscì“der Mimi aus Puccinis „La Bohème“. Das wirkte, als sei hier dieser Sopran musikalisch ganz in seiner Heimat angekommen.
Zwei Stücke von George Gershwin – das instrumentale „Lullaby“und das hinreißende „Summertime“– sollten zum sogenannten afrikanischen Teil des Konzerts überleiten. Aber noch einmal erklang Puccini, die Arie der Liù aus „Turandot“, die einen in eine ganz andere Klangwelt entführte. Danach brachte die Titelmelodie des Films „Jenseits von Afrika“von 1985 des britischen Komponisten John Barry reine Unterhaltungsmusik und wenig Afrika. Auch Abdullah Ibrahims zwei Stücke aus „African Trilogy“, eigentlich für Jazz Big Band geschrieben, waren so von Streichersound übersättigt, dass alles wie unter einer westeuropäischen Glocke erschien.
Das änderte sich mit Matshikizas Auftritt und vier Traditionals, die eine sichtlich auftauende und nun gelöst lächelnde Sängerin in ihrer eigenen Sprache und mit den – für uns völlig unerklärlich geformten – Schnalzlauten verzierte. Berühmte Songs wie „Thula Baba“, „Malaika“oder „The Click Song“, die bereits unter Miriam Makeba international bekannt wurden. Leider waren in den Arrangements des britischen Komponisten Iain Farrington authentische Klänge oder Rhythmen kaum zu finden.
Riesiger Applaus, fast alle stehen, und für die Zugabe geht die sympathische Sängerin noch einmal zurück zu Puccini und singt die Arie „O mio babbino caro“aus „Gianni Schicchi“.