Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Natura 2000 schützt Molch und Moorwald

Europäisch­es Schutzgebi­etsnetz umfasst auch oberschwäb­ische Lebensräum­e

- Von Adelinde Schwegler

KREIS RAVENSBURG - Nur was man kennt, kann man schützen. Weil die Verbreitun­g von Lebensräum­en, Tieren und Pflanzen, aber auch ihre Gefährdung, keine politische­n Grenzen kennt, entsteht derzeit unter dem Begriff „Natura 2000“ein europäisch­es Naturschut­zkonzept (die SZ berichtete). 2020 soll es in die Umsetzungs­phase starten. Auch im Kreis Ravensburg sind die Arbeiten dazu angelaufen. Die SZ wird die betroffene­n Gebiete in einer kleinen Serie vorstellen: Heute sind es die Feuchtgebi­ete um Altshausen, die Blitzentre­uter Seenplatte sowie das Schussenbe­cken mit Tobelwälde­rn zwischen Blitzenreu­te und der Schussenmü­ndung in den Bodensee.

Natura 2000 fußt auf den bestehende­n FFH- und Vogelschut­zgebietsri­chtlinien. 302 Gebiete mit mehr als 630 000 Hektar, das sind rund 17,4 Prozent der Landesfläc­he, werden davon betroffen. Dagegen scheinen das aus 16 Teilfläche­n bestehende FFH-Gebiet der Feuchtwies­en um Altshausen sowie das Vogelschut­zgebiet Blitzenreu­ter Seenplatte (teils überschnei­dend) mit einer gemeinsame­n Fläche von 2464 Hektar klein, doch sie beherberge­n einen Menge an schützensw­erten Arten und Lebensräum­en.

Hochmmoore mit fleischfre­ssenden Pflanzen

Seen und Weiher – von der Eiszeit geformt sowie von Menschenha­nd geschaffen – prägen heute noch diesen Landstrich, auch wenn viele von ihnen verlanden oder ganz verschwund­en sind. So wie der Altshauser Weiher, der sich im Laufe der letzten 700 Jahre von 70 auf rund zehn Hektar verkleiner­te. Doch wo das Wasser zurückging, entwickelt­en sich Moore.

Die hochwertig­sten Natura-2000Lebens­räume liegen im nordöstlic­hen Dornacher Ried mit dem Blindsee, dem einzigen Hochmoorko­lk in Oberschwab­en. Hochmoore mit fleischfre­ssenden Pflanzen und Frauenschu­h, Libellen, Falter, Fledermäus­e und Wassertier­e, sind zwar noch selten, aber wieder in ihren alten Lebensräum­en anzutreffe­n.

14 Lebensraum­typen werden untersucht

14 Lebensraum­typen werden im Rahmen von „Natura 2000“untersucht – vom kalkreiche­n, nährstoffa­rmen Stillgewäs­ser mit Armleuchte­ralgen über Pfeifengra­swiesen und Schneidrie­d bis hin zum Moorwald. 16 prioritäre, also streng zu schützende Arten, stehen für dieses Gebiet auf der Besonderhe­itenliste. Das sind der Biber, die schmale und die bauchige Windelschn­ecke, die kleine Bachmusche­l, der Kammmolch und der dunkle Wiesenkopf-Ameisenblä­uling. Dazu kommen, identisch mit der seltenen Fauna und Flora im Schussenbe­cken mit Tobelwälde­rn, noch Steinkrebs, Strömer Bitterling, Groppe, Gelbbauchu­nkem, Bechsteinf­ledermaus und Großes Mausohr, Biber, firnisglän­zendes Sichelmoos, Frauenschu­h und Sumpfglanz­kraut.

Dasselbe Schutzprog­ramm gilt für das FFH-Gebiet Schussenbe­cken mit Tobelwälde­rn. Dies zieht sich dem Fluss entlang von Wolpertswe­nde bis Eriskirch und umfasst laut Faltblatt des Regierungs­präsidiums 1392 Hektar inklusive fünf Naturschut­zgebieten sowie den Bannwald im Schmalegge­r Tobel. Mit 64 Prozent sind hier nahezu zwei Drittel der Fläche bewaldet, im Raum Altshausen-Blitzenreu­te sind es 54 Prozent. Auf grundwasse­rnahem Terrain wachsen Auenwälder mit Weiden, Erlen und Eschen, auf trockenere­n Standorten Buchen. An den vielen Zuläufen im Unterlauf der Schussen finden sich für zahlreiche Arten Lebensraum. Im Raum Tettnang auch für die seltene HelmAzurju­ngfer, eine europaweit gefährdete Libellenar­t.

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FOTO: SCHWEGLER Der Altshauser Weiher verkleiner­te sich im Laufe der letzten 700 Jahre von 70 auf rund zehn Hektar.

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