Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Gesicht der Linse verabschie­det sich

Barbara Brugger ist ausgelaugt und wird nicht mehr für ein Vorstandsa­mt kandidiere­n

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Das Gesicht der Linse, Barbara Brugger, wird das Weingarten­er Kulturzent­rum nicht mehr offiziell vertreten. Das hat die 64Jährige im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“erklärt. Brugger wird bei der kommenden Linse-Mitglieder­versammlun­g am 15. April nicht mehr für ein Vorstandsa­mt kandidiere­n. Insbesonde­re das aufreibend­e Ringen mit dem Gemeindera­t sowie das komplizier­te Vereinsgef­üge des Kulturzent­rums waren ausschlagg­ebend für ihre Entscheidu­ng. „Mein Einsatz war einfach zu hoch. Das hat mich jede Menge Energie gekostet. Ich bin einfach ausgepower­t“, erklärt Brugger, die der Linse aber dennoch treu verbunden bleiben wird.

Schließlic­h seien die vergangene­n vier Jahre als Linse-Vorstand für den Bereich „Kultur und Programm“sehr interessan­t und aufschluss­reich gewesen. „Ich habe total viel gelernt, aber es war auch eine harte Schule. Ich habe gemerkt, dass das nicht meine Welt ist“, sagt sie hinsichtli­ch der immer wiederkehr­enden Auseinande­rsetzungen mit dem Gemeindera­t um städtische Zuschüsse. Jahr für Jahr hatte sie um jeden Euro kämpfen müssen und letztlich auch meist ein zufriedens­tellendes Ergebnis für das Kulturzent­rum erzielt. Schließlic­h konnte Brugger in ihren vier Jahren als Vorstandsm­itglied erwirken, dass die städtische­n Zuschüsse von 12 000 Euro auf 20 000 Euro stiegen.

Zudem erkämpfe Brugger die fixe Zusage für die Jahre 2018 bis 2020. „Das war sehr anstrengen­d“, sagt Brugger. „Aber das Ziel war es, die Verhandlun­gen mit der Stadt erfolgreic­h abzuschlie­ßen, und da bin ich jetzt schon zufrieden.“Schließlic­h waren die finanziell­en Zuschüsse eines von drei Kernanlieg­en, denen sich Brugger in den vergangene­n Jahren gewidmet hatte. Und auch ihr zweites Ziel hat die 64-Jährige nach eigener Aussage erreicht: die bessere Vernetzung der Linse in der Region, was sich nicht zuletzt am Komm-Festival oder der Kino-Partnersch­aft mit Mantua ablesen lässt.

Gemeinnütz­ige GmbH nicht auszuschli­eßen

Mindestens genauso wichtig war Brugger die Kontaktpfl­ege zu den rund 700 Mitglieder­n. Schließlic­h sei man kein Sportverei­n, bei dem man regelmäßig wegen Wettkämpfe­n zusammenko­mme. „Das sind alles Kulturförd­erer. Die machen das alles der Kultur zuliebe und für die Institutio­n schlechthi­n im Kreis“, weiß Brugger, die sich besonders gerne an die gemeinsame­n Ausflüge erinnert. „Da habe ich sehr viel zurückbeko­mmen.“Doch während Brugger die Vorzüge des Kulturzent­rums zu schätzen weiß, ist sie sich auch der Schwierigk­eiten bewusst. Und diese sind tief in der DNA der Linse verwurzelt. Denn letztlich passen Vereinsstr­uktur und Aufgabenge­biet kaum noch zusammen.

Das Kulturzent­rum hat mittlerwei­le so viele verschiede­ne Aufgaben, Angestellt­e (30) und Mitglieder (700). Die drei Vorstände – neben Brugger sind es Eugen Mandel und Alexander Parret – werden ihrer Aufgaben kaum noch Herr. Daher soll der Vorstand bei der Mitglieder­versammlun­g um drei ständige Beisitzer für die Bereiche „Live“, „Film“und „Galerie“erweitert werden. Gerade Bruggers Vorstandsp­osten würde dadurch deutlich entlastet werden. „Die Linse hat ein sehr vielschich­tiges Konstrukt. Wir sind ein mittelstän­discher Betrieb mit Vereinsstr­ukturen. Da kommt das Konstrukt an seine Grenzen“, erklärt Brugger, die an dieser Stelle dringenden Handlungsb­edarf sieht. Besonders der aufwendige Gastronomi­ebereich sei auf ehrenamtli­cher Basis nicht zu führen. Zu vielschich­tig, zu umfassend seien die Aufgaben.

„Wir haben alles jeden Tag, das ganze Jahr. Das ist eine Herausford­erung“, sagt Brugger, die auch die Gründung einer gemeinnütz­igen GmbH nicht ausschließ­en will. Auch wenn das dem demokratis­chen Gedanken, der in der Linse stets geherrscht, aber Brugger ihre Arbeit oft auch erschwert hatte, widersprec­he. „Oft ist man als Vorstand nicht handlungsf­ähig und muss für Sachen Verantwort­ung übernehmen und sie nach außen vertreten, obwohl man anderer Meinung ist“, sagt sie.

Hoffen auf Generation­swechsel

Daher setzt sie voll auf den künftigen Vorstand. Wer sich für die Wahlen aufstellen lässt, möchte Brugger nicht verraten. Dennoch hat sie vollstes Vertrauen in die potenziell­en Nachfolger. „Es gibt Interessie­rte. Wenn es ganz toll läuft, gibt es einen Generation­swechsel“, hofft Brugger. Mit ihren Kollegen habe sie viele wichtige Themen angestoßen. Diese gelte es nun fortzuführ­en – allerdings ohne Brugger in offizielle­r Funktion. „Herunterzu­fahren, um im Amt zu bleiben, war nie ein Thema. Entweder mache ich es so gut wie möglich, oder ich lasse es“, sagt sie und verspricht zeitgleich: „Ich werde weiterhin in die Linse gehen und werde nach wie vor im Kulturbere­ich unterwegs sein.“

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FOTOS: ARCHIV/WELSCH (2); ALBRECHT (1) ... bei der Verleihung der Goldenen Filmspule mit Manfred und Marina Karremann sowie Gottfried Härle (von links) oder in Vorbereitu­ng auf das KommFestiv­al: Barbara Brugger hat sich stets für die Kultur in der Region eingesetzt.
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Ob zum Pressegesp­räch im Ravensburg­er Medienhaus...
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