Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Selinka-Sammlung als Stimulanz
Ute Stuffer, die neue Leiterin, will Jugendliche ins Ravensburger Kunstmuseum locken
RAVENSBURG - Noch wohnt sie zur Zwischenmiete – aber Ute Stuffer hat es geschafft, mit ihrem Lebensgefährten eine Wohnung in der Ravensburger Innenstadt zu ergattern. In sechs Wochen zieht Stuffer, die seit 1. März das Kunstmuseum leitet, um. Für ihren neuen Wirkungsort hat sie eine Menge Pläne.
Die vergangenen zehn Jahre arbeitete die gelernte Krankenschwester Stuffer, die sich ihr Kunstwissenschaftsstudium in Karlsruhe selbst finanziert hat, als Kuratorin am Kunstverein Hannover. Dort konnte sie sich frei und ohne große Vorlaufzeiten „austoben“, wie sie berichtet. In Ravensburg wird das anders sein: Hier gibt es die Vorgabe, die Sammlung von Gudrun und Peter Selinka in sämtliche Ausstellungen zumindest einzubeziehen wenn nicht gar, sie als Grundlage zu nehmen. Kein Problem für Stuffer – obschon diese thematische Begrenzung einer der Gründe für den Weggang von Nicole Fritz, der bisherigen Kunstmuseumsleiterin, war.
Stuffer hingegen sieht die Sammlung „nicht als eng angelegtes Korsett, sondern als Stimulanz“. Auf 800 Quadratmetern Ausstellungsfläche sei vieles möglich, und man müsse mitnichten sämtliche Geschosse mit Werken aus der Selinka-Sammlung bespielen, gibt Ute Stuffer sich optimistisch. Stattdessen sieht sie die hochkarätige ExpressionistenSammlung als „Ausgangspunkt“, der genügend Frei- und Spielraum lasse, um mit Projekten daran anzuknüpfen.
Stuffer gibt die Devise aus: „Die Besucher sollen Neues entdecken, Seh- und Denkanstöße bekommen“– ist ein Museum für die neue Leiterin doch „ein Ort des Austausches“. Apropos Austausch: Ihre unmittelbaren Nachbarn, die Leiter von Humpis-Quartier, Museum Ravensburger und Wirtschaftsmuseum hat Ute Stuffer bereits kennen gelernt. Für eine Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Museen ist sie offen: „Befruchtende Begegnungen können uns alle nur stärken.“Auch Kontakte in die Umgebung, die sie bisher vornehmlich über E-Mail pflegte wie etwa zum Kunsthaus Begrenz, will sie nun intensivieren.
Außerdem schwebt ihr vor, eine Vortragsreihe mit Referenten aus der Umgebung zu etablieren, die aktuelle Fragestellungen beleuchten. Zum Auftakt kommt Karen van den Berg, Professorin für Kultur- und Kommunikationswissenschaften an der Zeppelin Universität Friedrichshafen. Auch das Thema Film hat Stuffer im Gepäck: Das von ihr anvisierte Projekt „Projektionen“soll auch (mehr) junge Leute ins Kunstmuseum locken. Spezielle Angebote beispielsweise für Senioren oder Flüchtlinge kann sich die neue Direktorin ebenfalls vorstellen. Im Oktober präsentiert sie ihre erste eigene Ausstellung, deren Thema sie allerdings noch nicht verraten mag.
Im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin Nicole Fritz, für die von Anfang an klar war, dass sie „nicht ewig in Ravensburg bleiben wird“, denkt Stuffer nicht darüber nach, ob und wann sie die Türmestadt wieder verlässt. Die 42-Jährige, die in Offenburg geboren und aufgewachsen ist, sagt: „Ich möchte hier ankommen und fühle mich sehr willkommen.“