Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Rechnung ohne den Wirt

- Von Susanne Güsten

Längst hat sich die Türkei beim Umgang mit dem Kurdenprob­lem in die Logik des Krieges begeben. Seit der Friedenspr­ozess vor fast drei Jahren in neuen Kämpfen unterging, verfolgt Ankara das Ziel eines militärisc­hen Sieges über die kurdischen Separatist­en von der PKK und deren Verbündete. Die Einnahme der Stadt Afrin ist die Fortsetzun­g dieser Strategie. Doch möglicherw­eise hat die Türkei die Rechnung ohne den russischen Wirt gemacht.

Mit der Interventi­on im Nachbarlan­d will Präsident Erdogan außenpolit­isch drei Dinge deutlich machen: Erstens beanspruch­t die Türkei für sich das Recht, in Syrien einzugreif­en, wenn sie ihre eigene Sicherheit gefährdet sieht; im Nordirak tut sie das mit ihren Luftangrif­fen auf dortige PKK-Stellungen schon seit Jahren. Zweitens scheut sie bei der Verfolgung ihrer Ziele auch nicht vor einem Konflikt mit dem westlichen Hauptverbü­ndeten USA zurück. Und drittens signalisie­rt sie ihre Absicht, bei Entscheidu­ngen über die Zukunft Syriens mitzureden.

Erdogans Syrien-Politik hat allerdings eine große Schwäche: Der Präsident ist im Nachbarlan­d auf die Zustimmung Russlands angewiesen. Bisher hat der Kreml die Türken gewähren lassen, nicht zuletzt weil wachsende Spannungen im westlichen Lager für Moskau willkommen sind. Doch die Türkei lässt sich auf ein Spiel ein, bei dem sie am kürzeren Hebel sitzt.

politik@schwaebisc­he.de

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